08.11.2019

Wohnen

Entdecke Rotterdam: Das Lagerhaus Jobsveem

Nach sechs Monaten in Rotterdam, zieht Baumeister Academy Gewinnerin Alexandra zurück in die Heimat. Im vergangenen halben Jahr berichtete sie für den Baumeister von spannenden Umnutzungen in den Niederlanden. Bevor sie die Umzugskartons gepackt hat, entdeckte sie noch ein industrielles Gebäude, über das es sich zu berichten lohnt: das Lagerhaus Jobsveem im Westen Rotterdams. 

Das ehemalige Lagerhaus Jobsveem ist besser bekannt unter dem Namen St. Job und steht im Jobshaven im Westen Rotterdams. Errichtet nach dem Entwurf von den Architekten J. J. Kanters und Fr. Eriksson, zählt es heute zu den „Rijksmonumenten“ der Niederlande. Das 1914 errichtet Lagerhaus sticht durch seine Stahlbetonbauweise mit Stahlstützen hervor, für diese Zeit ein Novum.

Vom Lloyd Pier aus blickt man auf St.Jobs.
Von der Kanalseite aus, führen mehrere Eingänge in die Wohnungen.

Vom Industriegebiet zum Stadtquartier

Das Quartier um das Llyod Pier befindet sich im starken Wandel: Was früher rein industriellen Zwecken diente, findet nun neuen Anschluss an die Stadt. Das neue Quartier gilt als schick und modern und eine Wohnung im Jobshaven als lukrativ und erstrebenswert. So wurde 2007 das leerstehende Lagerhaus St. Jobs zu einem Komplex umgebaut, der aus 99 Lofts und 10 Penthäusern besteht. Ein Prestigeobjekt der Immobilienbranche: Nicht einmal zwei Wochen soll es gedauert haben, da wären schon alle Wohnungen verkauft gewesen.
Für die Architekten von „Mei architects and planners” und „Wessel de Jonge Architects“ war es wichtig, den introvertierten Charakter des Baus aufzubrechen. Die Funktion des Lagers sah vor, die Waren vor Wind, Licht und Diebstahl zu schützen. Und war daher ein geschlossener, eher dunkler Körper. Durch mehrere Eingriffe veränderten die Architekten die Kernaussage des Baus, aber nicht sein charakteristisches Aussehen. Nun durchbrechen drei Glasatrien das Gebäude und eröffnen den angrenzenden Wohnungen eine Aussicht. Die Lichthöfe aus Glas und Stahl betonen die monumentalen Bauteile, die im Lagerhaus sorgfältig restauriert wurden.

In den Wohnungen

Die Lofts grenzen an das Glasatrium an.
Die Balkone von St.Jobs bieten einen Ausblick auf den Kanal.

Wohnung als Prestigeobjekt

Ich durfte zwei Wohnungen besichtigen und mich mit den Bewohnern unterhalten. Das erste Loft, war stilvoll eingerichtet, Bücherregale dienten als Raumtrenner, teure Möbel und extravagante Raumelemente schmückten die Wohnung. Die Bewohnerin zeigte stolz ihre freistehende Badewanne inmitten des industriellen Charmes und wies darauf hin, auf die originale Holzdecke zu achten, welche auf großen Betonträgern ruhte. Die Vorhänge zum Glasatrium waren aufgezogen und man sah die Nachbarn mit ihren Einkaufstaschen nach Hause kommen. Auch die Wohnung gegenüber war gut einsehbar. Sie war ebenfalls mit viel Mühe eingerichtet worden und Designermöbel präsentierten sich wie in einer Vitrine.
In dem anderen Loft lebte bereits eine zweite Generation von Besitzern und das Ehepaar gestaltete die Wohnung beim Einzug um. Dieses Loft wirkte kleiner und etwas dunkler. Es gab mehrere Zimmer, die zwar als Durchgangszimmer agierten, aber dennoch einzeln genutzt wurden. Es war weniger offen als die Wohnung vorher, wirkte aber dennoch gemütlich. Vor der großen Glaswand zum Atrium hingen Vorhänge– sie waren nur halb geschlossen und verdunkelten den Wohnraum. Ehrgeizig zeigten die Besitzer verschiedene Elemente ihrer Wohnung wie den markanten Küchentisch aus Cortenstahl oder die halbrunde Wand, welche die Räume aufteilt. Kein Zweifel: Sie sind sehr glücklich in ihrem Zuhause.

Die einen kaufen teure Autos, und andere investieren in exklusive Architektur. Aber auch dabei gilt „sehen und gesehen werden.“ Alle Lofts haben mindestens eine verglaste Wand, die zum Erschließungskerne mit den großzügigen Treppenhäusern und dem Foyer führt. Man hat Einblick in viele Wohnungen, während man durch das Treppenhaus geht. Denn nur manche haben Vorhänge, die den Einblick verwehren.

Alle Bilder von Alexandra Tishchenko

Die Baumeister Academy ist ein Praktikumsprojekt des Architekturmagazins Baumeister und wird unterstützt von GRAPHISOFT und der BAU 2019.

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