Wie macht man denn „Heimat“?
Es war das 2011 veröffentlichte Saunders-Buch „Arrival Cities – The Final Migration and Our Next World“, das den Pavillon-Verantwortlichen vom Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt die Leitlinien für ihr Konzept geliefert hat. Schon dessen Titel „Making Heimat. Germany, Arrival Country“ lehnt sich an Saunders an. Wie das Buch, so will auch die Ausstellung durch einen Blick für die Komplexität realer Migrationsprozesse zu einem klareren Verständnis auf Möglichkeiten und Probleme der Integration gelangen. Saunders und die Frankfurter suchen nach Wegen, wie durch Stadtplanung und architektonische Eingriffe das Leben für Migranten wie auch für die „heimische“ Bevölkerung verbessert werden kann. Wie man eben „Heimat“ tatsächlich gestalten kann – und wie sich dabei aber natürlich auch unser Verständnis von „Heimat“, jenes seltsam ältlichen, aber eben immer noch gebräuchlichen Konzepts, verändert. Es war Saunders, der die acht Thesen formulierte, die den gedanklichen Überbau der Material- und Ideensammlung der Frankfurter lieferten.
Wenn man mit Saunders spricht, fällt zunächst eines auf: sein unverfälschter Blick auf die Kompliziertheit der globalen Wanderungen – inklusive ihrer Probleme. Saunders ist niemand, der seine Analysen einer vordefinierten politischen Erwartungshaltung unterordnet und sich damit den Blick für die Wirklichkeit verstellt. „Migration ist niemals einfach“, formuliert er im Interview mit Baumeister. Und das stimmt ja: Menschen begeben sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Motive auf Wanderschaft. Sie bringen eine Vielzahl unterschiedlicher Kulturen, Sehnsüchte – und natürlich auch Probleme mit sich. Diese Probleme werden oft potenziert, wenn der Prozess des „Arrivals“ begonnen hat.
Das ist eine Lehre aus Saunders’ Buch: dass das „Arrival“, das Ankommen, tatsächlich ein Prozess ist und keine Punktlandung. Dies sollten sich auch die Teilzeitaktivisten eingestehen, die vor Monaten glaubten, mit ein paar Blumen am Münchner Hauptbahnhof zu stehen wäre der Inbegriff politischer Aktivität.
„Migration verändert Gesellschaften“, weiß Saunders. Er hat es in seinen Recherchen für Arrival Cities weltweit gesehen. Er hat in China recherchiert, in Indien, in Brasilien. Aber auch in Los Angeles, dem US-Bundesstaat Maryland oder in Berlin-Kreuzberg. Dabei ist er auf unterschiedliche Migrationsmuster und soziale Prozesse gestoßen. Doch es gab auch Gemeinsamkeiten: Flüchtlinge agieren immer auch als ökonomische Akteure. Integration verläuft über wirtschaftliche Aktivität. „Das heißt: Integration verläuft dann erfolgreich, wenn sie mit der Bildung von Privateigentum einhergeht. Migranten haben geradezu eine Sehnsucht nach dem Erwerb von Eigentum, vor allem natürlich Wohneigentum. Diesen AntriebAntrieb: Ein Antrieb bezieht sich auf ein Gerät oder einen Mechanismus, der eine Bewegung oder Rotation erzeugt, z.B. ein Motor oder eine Kurbel. müssen die aufnehmenden Gesellschaften nutzen“, sagt Saunders.
Mehr dazu finden Sie im aktuellen Baumeister 6/2016