Ruheorte auf der Documenta – „Reflecting Points“
Die Architektenperspektive war auf der Documenta insbesondere durch die Gruppe Kassel des BDA Hessen vertreten. Treibende Kraft hinter dem Projekt „Reflecting Points“ ist Christoph Hesse. Hesses Installationsserie „Open Mind Places“, die er 2020 rund um sein Heimatdorf Refringhausen im Sauerland errichtet hat, fand medial viel Aufmerksamkeit. So traten die Kuratoren von Ruangrupa an Hesse mit dem Wunsch heran, ein ähnliches Projekt in Kassel zu realisieren. Wie die „Open Mind Places“ dienen auch die „Reflecting Points“ als Ruheorte, die die Besucher und Besucherinnen der Welt kurzzeitig entrücken sollen. Angeordnet sind sie teils nahe den Hauptausstellungsorten, teils im Park der Karlsaue. Die Karlsaue bildet das Bindeglied zwischen der Kasseler Innenstadt und dem Stadtteil Bettenhausen, wo die Documenta fifteen ihren zweiten räumlichen Schwerpunkt hat.
Der erste Reflecting Point befindet sich auf einem Innenhof direkt hinter dem ruruHaus. Er ist in erster Linie als Ort für Pausen und Feiern der Documenta-Mitarbeiter gedacht. Entworfen haben ihn das Büro Baufrösche, HHS Planer und Architekten sowie das Landschaftsarchitekturbüro GTL Michael Triebswetter. Sie haben den freudlosen Parkplatz mit einem kräftig farbigen Bodengemälde versehen, Hochbeete aufgestellt und mittels einer Gerüststruktur Sitzinseln geschaffen.
Ein Pavillon aus Kohlebriketts
Während bei dem Reflecting Point am ruruHaus der Nutzwert im Vordergrund steht, bewegt sich das „Kohlemuseum“ von Christoph Hesse und der vormaligen Präsidentin der Bundesarchitektenkammer Barbara Ettinger-Brickmann auf der Grenze zwischen Architektur und Installation. Hesse und Ettinger-Brickmann haben einen kleinen Pavillon aus Kohlebriketts errichtet in den sie ein Spalier aus Stahlmatten eingeschrieben haben. Zwischen den beiden „Wandschalen“ sind Pflanzen aufgestellt. Die beiden Architekten begreifen ihren Pavillon als Plädoyer für ein Ende des fossilen Zeitalters. Gleichzeitig ist ihr kleines Bauwerk, anders als große Teile der Documenta, klar in der europäischen Kunstgeschichte verankert. So ist die innere Schale aus Eisengitter in die Form eines Trikonchos gebogen. Hesse und Ettinger-Brickmann leiten das Motiv, das natürlich weit älter ist, aus dem barocken Gartenplan der Karlsaue ab.