Seit 2008 existiert der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP) als jährliche Auszeichnung. Zum zehnten Mal geht der Preis auch an ein nachhaltiges Bauprojekt. 2023 siegte das Hotel Wilmina von Grüntuch Ernst Architekten beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis. Warum und wer die Finalisten waren, erfahren Sie hier.
Hotel Wilmina in Berlin gewinnt Deutschen Nachhaltigkeitspreis
In den Augen der Jury ist es das nachhaltigste Bauprojekt in diesem Jahr – das Hotel Wilmina in Berlin. Vergangenen Freitag setzte sich das Projekt von Grüntuch Ernst Architekten beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis (DNP) in Düsseldorf gegen drei weitere Finalisten durch:
- das Landratsamt Starnberg von Auer Weber
- die integrierte Gesamtschule in Rinteln/Niedersachsen von bez+kock architekten
- das Rathaus Korbach von agn/heimspiel architekten
Entsiegelung und Renaturierung
Das Hotel Wilmina befindet sich in einem Berliner Gebäudekomplex aus dem Jahr 1896. Nach dem Entwurf der Architekten Adolf Brückner und Eduard beherbergte der Bau bis 1985 im Vorderhaus ein Schöffengericht, im Seitenflügel Tageszellen und im Hinterhaus ein Frauengefängnis. Die Jury lobt die Herangehensweise des Büros, „mit nur wenigen baulichen Eingriffen und maximalem Substanzerhalt“ einen innerstädtischen Ruheraum geschaffen zu haben. Die Transformation des ehemaligen Frauengefängnisses „ist ein hervorragendes Beispiel für die Nachverdichtung im Gebäudebestand mit minimalem C02-Fußabdruck bei gleichzeitiger Entsiegelung und Renaturierung von Flächen“, so die Jury. Im Folgenden verdeutlichen wir, wo dies im Detail zu finden ist.
Weiß, grün und Ziegel
Die Hotelräume
Mit drei Hauptmerkmalen will das Hotel Wilmina seine Gäste begeistern. Zum einen gibt es da die Hotelinnenräume. Stets unter Berücksichtigung der Anforderungen des Denkmalschutzes wurden Grundriss und Fenstergröße geändert. Verputzte Wände und Mauerwerk sind weiß gestrichen, was viel zu der freundlichen Atmosphäre im Hotel Wilmina beiträgt. „Überall im Haus sind die Zeitschichten präsent, ohne dabei aufgesetzt museal oder dekorativ zu wirken“, lobt die Jury des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Architektur 2023 den Umgang mit dem Bestand.
Insbesondere das 18 Meter hohe Atrium ist ein Beispiel für das Zusammenspiel von alt und neu. Der hohe, weiße Innenraum umfasst die Wege und Zugänge zu den Hotelzimmern – durch die originalen Zellentüren. Kugelförmige Pendelleuchten von Bocci lockern den Raum über die gesamte Höhe hinweg auf. Die massiven Wände, die die Türen rahmen, die weißgestrichenen Stahlträger sowie die weißgestrichene Ziegelwand deuten hier den ehemaligen Zellentrakt nur an. Die Jury bezeichnet den Umgang mit dem Projekt durch Grüntuch Ernst Architekten als „Neuprogrammierung auch von herausforderndem baulichem Erbe“.
Innenhof und Restaurant
Die beiden weiteren Hauptmerkmalen des Gebäudekomplexes sind besonders im Innenhof des Hotel Wilmina erlebbar – die rote Ziegelfassade und der grüne Garten. Aber auch vom Restaurant Lovis aus, dass im ehemaligen Schleusenhof des Gefängnisses untergebracht ist, lässt sich beides – zusammen mit dem ausgezeichneten Essen – genießen.
Mit der bestehenden Bausubstanz aus Ziegel fanden die Architekten die perfekte Grundlage für Klimaanpassungen vor. Dadurch konnte die technische Gebäudeausrüstung auf ein Minimum reduziert und ein konsequenter Low-Tech-Ansatz verfolgt werden. Auch bei der Aufstockung gingen Grüntuch Ernst Architekten im Sinne des Deutscher Nachhaltigkeitspreis vor. Sie wurde aus nachhaltigen Materialien wie Massivholz und Metall sowie ohne Verbundbaustoffe realisiert.
Die Jury hebt nicht nur den „verwunschenen Garten“ hervor, sondern auch die begrünten Flachdächer und weitestgehend erhaltenen Fassadenberankungen. Somit sind rund 30 Prozent der Gebäudehülle begrünt.
Hotel Wilmina im Baumeister
Kleiner Spoiler aus der Redaktion: In unserem Januar-Heft besprechen wir das Hotel Wilmina ausführlicher. Das Besondere? Wir haben schon vor der Auszeichnung durch den Deutschen Nachhaltigkeitspreis die Architektur in einen nachhaltigen Kontext gesetzt – in „B1 Umbauen“. Mehr über Teil drei sowie unsere ganze Nachhaltigkeitsserie „Weiterbauen“ lesen Sie hier.