17.12.2019

Portrait

Das Ding

HG Merz im Dialog mit Prof. Dr. Alexander Gutzmer

Architektur, das ist für den Museumsgestalter Hans-Günter (HG) Merz ein Sammelsurium der Dinge. Dinge sind Spuren, Beweise oder Schlüssel zur Geschichte, sind Vergangenes, Gewänder, Orte. Merz sucht das Ding im Ding mit seiner Architektur. Letztere stellte er einen Tag vor Nikolaus im prall gefüllten Alten Rathaus in Hannover den Gästen der Lavesstiftung bei „Architektur im Dialog“ vor.

HG Merz im Dialog mit Prof. Dr. Alexander Gutzmer, der betonte, wie selbstkritisch reflektiert Merz über sein Werk berichte. Fotos: Kai-Uwe Knoth

HG Merz ist vor allem Museumsbauer, Museumsgestalter. Er entwirft Dauerausstellungen von Berlin über Wien bis Tokio. Er versucht, die Dinge sprechen zu lassen und Kunst vom Sockel zu holen. Licht ist ihm wichtig, manchmal aber auch lästig. Wie gelingt es, den Exponaten gerecht zu werden? Gerade wenn es um Ausstellungsstücke geht, die auf grausamste Geschichte verweisen. Wie sehr darf das Böse ästhetisiert werden? Wird ein auf einen Sockel gestellter Leichenkarren zum Kunstobjekt, wenn er doch eigentlich Leichenkarren bleiben soll? Merz denkt genau über diese Fragen nach.

Bei der Realisierung seiner Projekte legt er sich auch schon mal mit Bauherren an, die ihre Ausstellungsstücke stets ins rechte Licht gesetzt sehen wollen. Merz gibt zu, alles was er in die Hände bekommt, auch gestalten zu wollen, doch gerade das Nicht-Gestalten könne in bestimmten Kontexten mitunter eine viel stärkere Aussagekraft entwickeln. Es sei eine Gratwanderung, sagt der Architekt. Dass diese ihm nicht immer vollends gelingt, gibt Merz am Beispiel der Gedenkstätte Sachsenhausen unumwunden zu. Die über den Barackenresten als Schutzbau schwebende, weiße Folienhülle funktioniere zwar technisch und funktional hervorragend, sei ihm aber doch zu ästhetisch geraten, zu clean, zu fein für einen Nazi-Ort. Inwieweit aber braucht Empfinden die Ästhetik?, fragt Merz. Er befinde sich dazu im Kampf mit sich selbst.

Dabei inszeniert HG Merz seine Architekturen stets zurückhaltend, nie marktschreierisch, immer der Aufgabe, dem Ort und dem Bestand verpflichtet. Er spricht vom „Informellen Gedenken“. Merz ist eben auch ein bedeutender Denkmalpfleger. Bezüge für seine Arbeit findet er bei seinem Lieblingsarchitekten Ludwig Leo ebenso wie beim Filmregisseur Stanley Kubrick. Und doch erzählt Merz immer mit seinen Stilmitteln. Die Dinge werden so zu Episoden in Merz‘ ganz eigener Geschichte.

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