17.04.2020

Event

Kosten senken – und das Corona-V antizipieren!

Illustration: Clemens Habicht


Was die Wirtschaftsweisen erwarten

Ein Mega-Crash der Bau- und Immobilienbranche durch die Corona-Pandemie ist noch nicht ausgemacht. Worauf Unternehmer sich jetzt einstellen sollten und für wen die Krise Chancen birgt – für den Baumeister berichtet dazu ab sofort wöchentlich der Volkswirt und Journalist Daniel Schönwitz. Themen heute: Das Corona-V, die Bauwirtschaft als Hoffnungsträger und warum wir jetzt in keinen blinden Sparaktionismus verfallen sollten.

Wie schnell können, wie schnell dürfen wir nach den Osterferien zu normalen Verhältnissen zurückkehren? Über diese Frage wird derzeit erbittert gestritten – nicht nur unter Virologen, Ökonomen und Unternehmern. Zwei Lager stehen sich gegenüber: Die Einen warnen eindringlich davor, den Tod von Menschen in Kauf zu nehmen, um die Wirtschaft hochzufahren. Die anderen fürchten eine lange und schwere Rezession, wenn ein Großteil der Geschäfte wegen der Corona-Pandemie noch für Wochen geschlossen bleiben muss.

Keine Frage, die Debatte führt auf heikles Terrain – ethisch, medizinisch, ökonomisch. Aber Schwarz-Weiß-Denken hilft nicht weiter: Statt vermeintliche Gegensätze aufzubauen, sollten wir diskutieren, wie wir Gesundheit UND wirtschaftliche Existenzen schützen. Das sei „kein unauflösbarer Widerspruch“, sagt Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts in München.

Fuest hat Recht, zumal wir uns nichts vormachen sollten: Auch Arbeitslosigkeit und Armut kosten Menschenleben. Und ein funktionierendes Gesundheitssystem in einer darbenden Wirtschaft ist schwer vorstellbar.

Wie der Exit-Plan im Detail aussieht, ist trotz erster Beschlüsse in dieser Woche erst in Grundzügen absehbar. Klar ist dagegen: Für Tausende Selbständige und Unternehmer hängt vieles – womöglich alles – davon ab, dass es nach den Osterferien langsam wieder losgeht. Mit staatlichen Hilfen lassen sich zwar einige Wochen überbrücken, aber mit jedem Tag des Corona-Lockdowns wächst die Gefahr einer Pleitewelle.

Eine Rezession ist ohnehin nicht mehr abzuwenden: Die sogenannten Wirtschaftsweisen vom „Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung“ erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um bis zu 5,4 Prozent schrumpft. Die führenden Wirtschaftsinstitute schätzen das Minus in einer aktuellen Gemeinschaftsprognose auf 4,2 Prozent.

Die große Frage ist aber: Haben wir das Schlimmste in wenigen Wochen schon hinter uns – oder steht uns eine lange Talsohle bevor (also eine U-förmige Rezession)? Die Wirtschaftsweisen halten einen V-förmigen Verlauf für das wahrscheinlichste Szenario. Demnach würde es schon ab Sommer wieder aufwärts gehen, und 2021 würde die Wirtschaft kräftig wachsen.

Voraussetzung sei aber, dass es in den nächsten beiden Monaten gelingt, die Corona-Pandemie einzudämmen und den Lockdown weitgehend aufzuheben. Die Wirtschaftsinstitute sehen das ähnlich und fügen hinzu: Dafür müsse nach dem 19. April die schrittweise Lockerung beginnen. Danach sieht es derzeit auch aus; ab Montag dürfen zahlreiche Geschäfte wieder öffnen.

Die Bauwirtschaft als Hoffnungsträger

Große Hoffnungen ruhen derzeit auf der Baubranche. Zwar drohen auch hier erhebliche Probleme: Wegen Reisebeschränkungen fehlen Arbeitskräfte aus Osteuropa. Wegen unterbrochener Lieferketten stockt der Nachschub an Baumaterial. Und wegen der Krise kürzen private und gewerbliche Auftraggeber ihre Investitionsbudgets.

Noch kann das der Branche aber wenig anhaben. Sie sei bislang „relativ immun gegen die Corona-Krise“, schreiben die Volkswirte der Förderbank KfW in ihrem aktuellen „Mittelstandsbarometer“. Der große Auftragsbestand dürfte „durch mehrere Krisenmonate tragen“.

Gerade die Baubranche hat also Grund zu verhaltenem Optimismus – zumal die Bundesregierung ein milliardenschweres Konjunkturprogramm vorbereitet. Der Staat dürften deshalb im zweiten Halbjahr zum wichtigen Auftraggeber avancieren. Zudem könnten neue Steueranreize Privatleute und Unternehmen ermutigen, wieder zu investieren.

Die Krise als Lackmustest für Unternehmer

Was bedeutet das für Architekten? Klar: Derzeit hat Krisenmanagement Priorität. Vielerorts sind kurzfristige Spar- und Liquiditätsprogramme unvermeidlich, um für Umsatzeinbußen vorzusorgen. Doch Angst allein war noch nie ein guter Ratgeber; die Devise sollte deshalb lauten: Für eine U-Rezession wappnen – aber zugleich ein V antizipieren. Konkret heißt das: Verfallen Sie nicht in blinden Sparaktionismus. Mitarbeiter, die Sie jetzt entlassen, könnten schon bald an allen Ecken und Ende fehlen. Und Geschäftspartner, die Sie jetzt verprellen, wenden sich nach der Krise womöglich der Konkurrenz zu.

Wer mit Anstand und ohne Aderlässe durch die nächsten Wochen kommt, ist dagegen gut gewappnet für den Aufschwung – und kann Chancen nutzen, die sich in der Nach-Corona-Welt bieten.

Daniel Schönwitz ist Wirtschaftsjournalist, Kolumnist und Medientrainer. Der Volkswirt lebt mit seiner Familie in Düsseldorf. Folgen Sie ihm auf Twitter.

Diese Kolumne ist Teil des Homeoffice Spezial, in dem wir täglich aus dem Blickwinkel der Architektur über die wichtigsten Neuigkeiten zur Corona-Pandemie berichten.

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