Die private Fakultät hat Odile Decq selbst gegründet, nachdem ihre Beziehungen zu den anderen Professoren an der Parisier École spéciale d´Architecture nicht ganz so blendend waren. Die ESA ist die älteste Architekturfakultät Frankreichs und wegen ihrer gestalterischen Freiheit und weitem Bildungsangebot europaweit bekannt. Aber das reichte Odile Decq nicht: „Architektur ist eine Denkweise und nicht unbedingt ein Beruf“, hat sie mehrmals betont. „Deswegen sollte eine Architekturfakultät die Studenten nicht nur für die Arbeitswelt ausbilden“. Zur Umsetzung ihre Lehrziele hat sich eine ehemalige Industriehalle in Lyon umgebaut und mit „maker spaces“, „learning clouds“ und „connective spaces“ eingerichtet. Was hinter den Anglizismen steckt, weiß man noch nicht genau – sicher ist aber schon, dass Vorlesungen zum Beispiel online gehört werden können.
Das Projekt fügt sich in die Entwicklung des Confluence-Programmes ein, das sich das Ziel setzt, bis 2030 150 Hektar Brachland von Industrie, Hafen und der Bahn in ein neues Stadtviertel umzuwandeln. Ähnlich wie die Hamburger Hafencity ist Confluence im vollem Gang. Kritiken wurden vor allem wegen selbstzentrierten Architekturikonen wie das vor wenigen Jahren eröffnete Musée des Confluences von Coop Himmelb(l)au laut.
Die in der neuen Fakultät gelehrte Architektur passt jedenfalls in seinen Kontext. Während ein großer Teil der Architekturwelt zu nachhaltigen Materialien, historischer Kontextualisierung und Einfachheit der Formen zurückkommt, wirft Odile Decq ihre Idee von einer bunten, hyper-technologischen und einer aus GlasGlas ist ein transparentes, sprödes Material, das durch Erhitzen von Sand, Kalk und anderen Inhaltsstoffen hergestellt wird. Es wird oft in der Architektur verwendet, um Fenster, Türen, Duschen und andere dekorative Elemente zu kreieren. Glas ist langlebig, stark und vielseitig, und kann in verschiedenen Farben und Texturen hergestellt werden…. und StahlStahl: Ein Werkstoff, der aufgrund seiner hohen Belastbarkeit und Stabilität oft bei Gerüstkonstruktionen eingesetzt wird. gefertigten Architektur, aus der eine Generation neuer Stararchitekten hervorgehen könnte, in die Welt der Architekturlehre. Das wirft die Frage auf, wie die Berufsperspektive der Absolventen aussehen wird – immerhin ist die Fakultät staatlich noch nicht anerkannt. Und noch einmal entfacht Odile Decq die Polemik.