06.06.2014

Event

Biennale (III): Republiken

Blick auf den Kanzlerbungalow mit der Plastik von Bernhard Heiliger “Die drei Grazien”

Es ist eine wunderbare Idee, die Alex Lehnerer und Savvas Ciriacidis im Deutschen Pavillon umsetzen: Der Bonner Kanzleramtsbau, quasi hineinimplantiert in den viel gehassten Pavillon in den Giardini. Im Interview mit mir machten die beiden bereits vorab zunächst einmal klar, worum es ihnen nicht geht. Es geht ihnen nicht um eine normative Zelebration der alten Bundesrepublik. „Mit Nostalgie hat unsere Ausstellung nichts zu tun“, sagen sie. Stattdessen wird Ihre Installation vor allem klar machen, dass die Bonner Republik für Deutschland nicht das Ende der Geschichte war und das heutige Deutschland eben nicht Bonn-Deutschland plus ein paar mehr Bundesländer darstellt. In der politischen Diskussion merken wir dies ständig. Da wird immer wieder eine neue Verantwortung Deutschlands ausgerufen oder gefordert. Und auch wenn man diese nicht sieht, so muss man sich mit dieser Erwartungshaltung auseinandersetzen. Schon die Erwartungshaltung selbst ist Teil unserer Identität. Auch ein Nein zum Beispiel zur proaktiven Einflussnahme in der Ukraine verändert dieses Land – ebenso wie die internationale politische Bühne insgesamt.

In was für einem Land wollen wir eigentlich leben? Das ist die damit nicht mehr zu ignorierende Frage. Es ist eine Frage, auf die eine Antwort zu finden uns schwer fällt. Doch sie ist wichtig. Nur vor ihrem Hintergrund nämlich sind angemessene Haltungen zu vielen Bauprojekten, wie dem neuen BND-Sitz in Berlin oder auch dem Stuttgarter Bahnhofsbauwust, überhaupt möglich. Sind wir, zum Beispiel, noch das land der freudigen Hochtechnologie? Ist dieses Bild Identität prägend? Wenn ja, dann hätte Stuttgart 21 eben eine andere als die rein praktisch-logistische Bedeutung. Und beim BND-Bau stellt sich die Frage, ob wir von unseren Institutionen (wie Nachrichtendiensten) einen Akt der gesellschaftlichen, und das heißt dann ebnen auch: städtebaulichen Sensibilität erwarten.

Dass wir diese Fragen bisher nicht beantwortet haben, führt im heutigen Deutschland zu einer gewissen Konfusion. Diese ist allumfassend spürbar. Auf der Internet-Plattform Facebook postet der Architekt Volker Eich momentan in unregelmäßiger Folge (und nur für seine „Friends“ sichtbar) Bilderserien, die imaginative Antworten auf gigantische philosophische Fragen wie „Wer sind wir“ liefern sollen. Natürlich tun sie das nicht. Aber schon die virtuelle Dauerpräsenz der Fragen bleibt zumindest für mich nicht ohne Wirkung.

Und ohne Wirkung wird auch die Installation im Deutschen Pavillon sicher nicht bleiben. Man darf gespannt sein, ob sie zumindest Diskussionen anstößt, die in Folge der Biennale zu einem höheren Maß an Klarheit über unser Verständnis dieser, immer noch recht neuen, Republik führen. Zu wünschen wäre es.

Die Berichterstattung des Baumeisters von der Biennale wird unterstützt von FSB.

Foto: Bundesregierung / Lothar Schaack

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