20.08.2014

Öffentlich

Berlin: Lasst doch Tegel offen!

Ich weiß gar nicht ob Sie sich noch erinnern. Aber: Unsere Bundeshauptstadt Berlin bekommt einen neuen Flughafen! Ja ja.

Irgendwann zumindest.

Ach es macht gar keinen Spaß mehr, die Flughafendilettanten zu verhöhnen. Deshalb hier sachlich vermeldet das Neueste von der Airportfront: Es gibt Hoffnung, dass BER in den nächsten Jahren eröffnet. Im Gespräch ist momentan 2016. Kurz nach der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses. Das wäre taktisch klug gewählt, denn eine weitere Last-Minute-Verschiebung würde die SPD so nicht die Wahl kosten.

Nun gibt es aber ein (im Wortsinne) kleines Problem. Nämlich BER. Anders als der modernekritische Diskurs impliziert, der in dem Planungsdesaster einen Beleg für die Hybris des sich selbst überfordernden Menschen sieht, ist der BER kein monströses Großprojekt. Mit einer Kapazität von 27 Millionen Passagieren ist der neue Airport ein maßvoller, ja fast kleiner Flughafen. Und das ist jetzt ein echtes Problem. Die Berliner Fluggastzahl für 2016 wird nämlich bereits auf gut 31 Millionen geschätzt. Das ist kein Zeichen einer Berliner Boomstory, sondern das Resultat vieler Billigflieger von und nach Berlin. Also der vielen Studenten, die für ein halbes Jahr „nach Paris/Barcelona/Rio gehen“, oder für internationale Studis, die gehört haben, in Berlin sei viel los. In jedem Fall: Die Easyjetter führen dazu, dass BER, wenn auch nicht sonderlich profitabel, dennoch schon bei der Eröffnung zu klein sein wird.

Nun kam Flughafenchef Hartmut Mehdorn mit einer Idee um die Ecke. Starten und landen sollen die Billigflieger – in Schönefeld. Genauer gesagt in Schönefeld B – dem alten DDR-Flughafen. Der könnte 7 Millionen Passagiere abfertigen. Weichen müsste dafür nur der bisher dort geplante Regierungsflughafen.

Ist das nun eine gute Idee? Ja, könnte man sagen, weil einem die Weltpolitik in Schönefeld B natürlich etwas peinlich sein müsste. Insgesamt finde ich den Vorschlag dennoch desaströs. Zum einen winkt dann bereits die nächste Kapazitätsgrenze. Zum anderen ist Schönefeld alt eben wirklich ein atmosphäreloser, grauer, deprimierender Kasten. Den sollte man auch den sympathischen studentischen Berlinliebhabern nicht zumuten – wie stark renoviert auch immer. Schon die S-Bahn-Fahrt von Schönefeld durch die Stadtrandsteppe ist desillusionierend genug.

Ein Flughafen soll ja auch etwas über eine Stadt erzählen, ihr Selbstverständnis, ihre Historie. Das kann ein anderer Flughafen hervorragend: Tegel. Hier spiegelt sich architektonisch das Westberlin der Nachkriegszeit. Jeder von uns hat doch irgendwie Sympathie für den ersten Großbau des damals jungen Büros gmp. Neulich verschlug es mich in die Service-Katakomben des Gebäudes. Das war 70er Jahre pur. Sehr ästhetisch. Tegel ist als internationaler Großairport überfordert. Aber als charmanter Sidekick zum fertigen BER wäre er eine sehr schöne und auch praktikable Lösung. Und wer sagt eigentlich, dass eine Hauptstadt nur einen Flughafen verträgt? London hat drei bis fünf, auch Paris mehrere. Und mit denen sieht sich Berlin doch immer in einer Liga.

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