11.09.2018

Portrait

Bauen lernen? Selber bauen!

Bauen lernen, Gemeinschaft stiften – so lautet das Motto des DesignBuild-Studios der Hochschule München, das Anfang 2018 mit Studierenden ein Kulturzentrum in Ecuador gebaut hat. Wir sprachen mit Andreas Reiser, einem Teilnehmer des Workshops, über neue Baumaterialien, bereichernde Begegnungen und konkrete Berufserfahrung.

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Baumeister: „DesignBuild-Projekt“ – was kann man unter diesem Begriff verstehen?
Andreas Reiser: Sogenannte DesignBuild-Projekte sind Bauaufgaben, bei denen Gebäude von Studierenden entworfen, geplant und anschließend selbst gebaut werden. Seit vergangenem Jahr leitet Ursula Hartig die Professur für Planen und Bauen im Globalen Kontext an der Hochschule München. Sie kommt aus Berlin und hat bereits viele DesignBuild-Projekte realisiert, hauptsächlich in Mexiko.

Und worum handelt es sich speziell bei dem Projekt „Studio Chamanga“?
Das Studio ist ein Kulturzentrum für den Küstenort Chamanga in Ecuador. Wir, 22 Studierende der Fakultäten Architektur und Bauingenieurwesen der Hochschule München, haben das Gebäude gemeinschaftlich geplant und dann in Eigenregie gebaut. Der kleine Ort Chamanga wurde im Frühjahr 2016 von einem Erdbeben heimgesucht. Die Häuser stehen zwar größtenteils wieder, aber es fehlte dem Dorf ein Ort für Kultur, ein Treffpunkt für die Gemeinschaft.

Wie sah der Planungs- und Bauprozess aus?
Es gab drei Planungsphasen. Anfangs haben wir in Zweiergruppen Entwürfe ausgearbeitet und uns dann in einem internen Wettbewerb für den besten Entwurf entschieden. Im zweiten Schritt haben wir gemeinsam die komplette Werkplanung erstellt, Material-Tests durchgeführt und Modelle gebaut. Die dritte Phase haben wir dann dort verbracht: Ende Januar sind wir nach Zentralamerika geflogen und haben, während unserer Semesterferien, in fünf Wochen Bauzeit das Gebäude errichtet.

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Wie war der Kontakt zu den Einheimischen?
Es war ein tolles Miteinander, eine schöne zwischenmenschliche Erfahrung. Der Dialog muss funktionieren, damit das Projekt nicht nur gebaut, sondern auch künftig angenommen und bespielt wird. Die gemeinnützige Organisation „Opción Más“ sitzt in Chamanga. Der Verein, den es bereits vor dem Erdbeben gab, kümmert sich um die einheimischen Kinder, ermöglicht dort soziales Leben. Die Mitglieder haben uns bereitwillig geholfen und täglich für uns gekocht.

Wie ist das Jugendkulturzentrum aufgebaut?
Das Gebäude besteht aus zwei Ziegel-Beton-Kuben und einer aufgesetzten, luftigen Bambuskonstruktion. Der ebenerdige Mittelbereich ist die öffentliche Zone, im vorderen Bereich befindet sich die Bühne. Dort kann man das Tor öffnen und zusätzlich die Straße bespielen. Oben befindet sich dann der privatere Bereich, es ist der Rückzugsort für die Kinder. Hier sind Räume für Musik, Tanz und Theater und eine kleine Bibliothek entstanden. Opción Más nutzt die neu entstandenen Räumlichkeiten für verschiedene Kurse, die Bühne für Kulturveranstaltungen und das Audiostudio für Workshops.

Und wie sieht es mit der Konstruktion aus?
Der Aufbau der ebenerdigen Kuben beginnt mit einem freistehenden Betonrahmen. Darauf haben wir dann, abgesichert gegen mögliche Bodenschwingungen, das Mauerwerk geschichtet. Die luftige, oberhalb gelegene Konstruktion liegt auf Balken auf und das Dach besteht ausschließlich aus Bambus. Viele Details sind uns schöner gelungen, als wir es erwartet hätten. Ich spreche zum Beispiel von den aufgeschnittenen Bambusrohren. Hier tritt das Licht gefiltert in den Innenraum – eine schöne Lichtstimmung.

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Wenn du auf das Chamanga-Projekt zurückblickst, was waren dann die Erfahrungen, die dich auch in Zukunft bei deinem Werdegang als Architekt begleiten werden?
Ich habe bereits in Südafrika eine Schule gebaut. Das Ecuador-Projekt war allerdings eine Nummer härter. Die klimatischen Verhältnisse waren extremer und auch die Anforderungen an den Bau selbst. Als Architekt selbst zu bauen, erweitert den Horizont und bringt einen weiter. Wenn man live sieht, wie ein Entwurf Realität wird, auch im sozialen Kontext, prägt es einen das nachhaltig. Ich habe gelernt, dass aus den einfachsten Dingen, den simpelsten Materialien ein Ort der Begegnung entstehen kann.

Anmerkung der Redaktion: Die Ergebnisse des Praxis-Workshops Studio Chamanga sind zusammengefasst in der Publikation „Studio Chamanga. Research Design Building“. Der lesenswerte Band mit Foto-, Plan und Textmaterial udn einer ausführlichen Dokumentation des Bauprozesses kann über den Lehrstuhl von Prof. Ursula Hartig an der Hochschule München bezogen werden.

Wenn nicht anders angegeben, stammen alle Fotos und Zeichnungen von den Teilnehmern des Studio Chamanga.

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