08.03.2021

Portrait

Architektinnen · TOP 5

„Selbst ist die Frau“ – ja sogar dieses Sprichwort (man tausche vorher das Wort „Frau“ durch „Mann“ aus) war wie auch die Architektur lange Zeit nur den Herren vorbehalten. Doch sinngemäß nach diesem Sprichwort handelten einige Frauen, setzten wichtige Maßstäbe für die moderne Architektur und wurden zu Pionierinnen und Ikonen. Wir stellen diese Architektinnen vor und starten unsere Liste für den Moment mit einer Top 5, die jede Person kennen sollte. 

Architektin Zaha Hadid. Foto: Alberto Heras

Zaha Hadid

1950-2016

Zaha Hadid, 1950 in Bagdad geboren, studierte von 1972 bis 1977 Architektur an der Londoner Architectural Association School. Anfang der 1980er Jahre eröffnete sie ihr Büro Zaha Hadid Architects in London. Der Durchbruch gelang ihr 1993 mit dem Feuerwehrhaus des Vitra-Werks in Weil am Rhein. Es ist der erste Entwurf, den Hadid realisierte. Rund zehn Jahre später, 2004, erhält Zaha Hadid als erste Frau den 1979 ins Leben gerufene Pritzker-Architekturpreis und ebnet so den Weg für Architektinnen. 2016 stirbt sie überraschend. Die Formensprache von Zaha Hadid ist organisch, kinetisch und fließend. Ihre Entwürfe sind futuristisch und ihre Gebäude meist aus Zement, Stahl oder Glas: MAXXI Nationales Museum der Künste des XXI. Jahrhunderts in Rom (1998-2009), in einer Höhe von 2.275 Metern das Reinhold-Messner-Museum auf der Bergspitze des Kronesplatzes in den Dolomiten (2012-2015) oder das Kulturzentrum von Aserbaidschan Heydar Aliyev Center.

 


Denise Scott Brown

geb. 1931

Denise Scott Brown studierte Architektur an der Witwatersrand-Universität in Johannesburg (1948-1952) und an der Londoner Architectural Association School of Architecture (1952-1955). Von 1958 bis 1960 machte sie ihren Master in der Stadtplanung an der University of Pennsylvania. Hier war sie anschließend als Dozentin tätig. In den darauffolgenden Jahren unterrichtete sie an der University of California in Berkeley, war Co-Vorsitzende des Urban Design Programm an der University of California (UCLA) in Los Angeles und an der Yale University in New Haven. 1967 schloss sich Denise Scott Brown dem Architekturbüro von Robert Venturi, ihn heiratete sie im selben Jahr, und John Rauch in Philadelphia an. Das Büro Venturi, Rauch & Scott Brown realisierte in den Folgejahren zahlreiche renommierte Architekturprojekte. Ihre Entwürfe folgen dem postmodernen Klassizismus. Der Sainsbury Wing der 1991 fertiggestellten Londoner National Gallery ist nur ein Beispiel dafür. Gemeinsam als Ehepaar prägten Denise Scott Brown und Robert Venturi Denken und Sichtweise auf Architektur, leisteten einen wesentlichen Beitrag zur Architekturtheorie des 20. Jahrhunderts und erhielten zahlreiche Auszeichnungen. 1991 kam der Pritzler-Preis hinzu – aber nur für Robert Venturi. Er wurde explizit für seine Lebensleistung und unter anderem für eines der wichtigsten Bücher der Postmoderne gewürdigt: „Learning from Las Vegas“ (1972). Mit-Autorin Denise Scott Brown bekam die Anerkennung nicht. Anstößig ist dabei nicht nur die mangelnde Gleichberechtigung von Frauen, sondern auch die von Team-Partnern für gemeinsame Kreativität und Arbeit.

Die Architektin Kazuyo Sejima © Columbia GSAPP, Canopy: Gathering Space (Kazuyo Sejima), flickr.com/photos/gsapponline/15137242547

Kazuyo Sejima

geb. 1956

Kazuyo Sejima, geboren in der Präfektur Ibaraki, Japan, studierte an der privaten Frauenuniversität Nihon Joshi Daigaku und schloss 1981 ihr Studium ab. Bis 1987 arbeitete Kazuyo Sejima bei Toyo Ito bevor sie sich selbstständig machte und das Büro Kazuyo Sejima & Partner gründete. „Architektin des Jahres“ in Japan war sie 1992. Seit 1995 führt sie zusammen mit Ryūe Nishizawa in Tokio das Architekturbüro SANAA. An seiner Seite erhielt Kazuyo Sejima 2010 den Pritzker-Preis. Ebenso 2010 leitete Kazuyo Sejima als erste Frau die Architekturbiennale von Venedig. Am Institut für Architektur an der Universität für angewandte Kunst Wien ist sie seit 2015 als Nachfolge von Zaha Hadid tätig. Ihre Entwürfe sind minimalistisch, klar, fließend, grazil und kraftvoll. Beispiele hierfür sind die Produktionshalle des Vitra-Werks in Weil am Rhein von 2012, das River Building der Grace Farms in New Canaan, USA, oder das Rolex Learning Center von EPFL in der Schweiz.

 


Emilie Winkelmann

1875-1951

Emilie Winkelmann war die erste freiberufliche Architektin Deutschlands. Sie erlernte das Zimmermann-Handwerk im Betrieb ihres Großvaters. Bei ihrer Einschreibung zum Studium an der Technischen Hochschule Hannover 1906 ließ sie die letzten Buchstaben ihres Vornamens weg, schrieb sich als Emil – als Mann – ein. Sie studierte zwar von 1901-05 Architektur, wurde jedoch nicht zur Abschlussprüfung zugelassen, denn Diplomstudiengänge waren damals allein Männern vorbehalten. Ohne Abschluss geht Emilie Winkelmann 1908 nach Berlin und gründet ihr Büro als selbständige Architektin mit teilweise bis zu 15 Mitarbeitern. 1914 erhält Emilie Winkelmann den Auftrag für das Viktoria-Studienhaus – die erste Einrichtung für studierende Mädchen in Europa, gestiftet von der Bankiersfrau Ottilie von Hansemann. Allein in Berlin baute Emilie Winkelmann mehr als 30 Häuser, die heute teilweise unter Denkmalschutz stehen. 1928 wird sie Mitglied im Bund Deutscher Architekten.


Margarete Schütte-Lihotzky

1897-2000

Margarete Schütte-Lihotzky, geboren in Wien-Margareten, Österreich-Ungarn, gehört zu den ersten Frauen, die in Österreich Architektur studierten und war vermutlich die Erste, die den Beruf in Österreich umfassend ausübte. Doch nicht nur umfassend, sondern auch erfolgreich: Bereits 1919 hatte sie ein eigenes Atelier, arbeitete selbständig und erhielt Preise für ihre Entwürfe – oft als erste Frau. Sie engagierte sich insbesondere für den sozialen Siedlungsbau. 1926 ging sie nach Frankfurt ins Team von Ernst May, Leiter des Hochbauamts. Hier entwickelte Margarete Schütte-Lihotzky noch im selben Jahr das Konzept für die „Frankfurter Küche“, das sie international bekannt machte. Bis heute gilt die Frankfurter Küche als Vorbild für die moderne Einbauküche der Gegenwart durch das modulare System, die geringe Grundfläche und die serielle Fertigung.
Neben der „Frankfurter Küche“ zeichnet sich Margarete Schütte-Lihotzky verantwortlich für zwei Reihenhäuser mit je 35 m² Grundfläche (Woinovichgasse 2 und 4) in der Wiener Werkbundsiedlung (1930–1932). Unter den 32 Architekten der Siedlung war Schütte-Lihotzky die einzige Frau.

Diese Top 5 erweitern wir stetig. Mal sehen, wer die nächsten fünf Architektinnen sind, die wir vorstellen.

Mehr zum Thema Frauenpower in der Architektur gibt es hier. Übrigens: Der Pritzker-Preis 2020 ging an die Architektinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara.

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