19.02.2021

Wohnen

Antti Lovags „Palais Bulles“ steht zum Verkauf

In den 1970er Jahren schrieb Antti Lovag mit seinen Bauten Architekturgeschichte. Seine Kugelhäuser wie das „Palais Bulles“ an der französischen Riviera wirken bis heute futuristisch.

© le Palais Bulles
© le Palais Bulles

 

Er stand für die runde Zukunft: Der ungarisch-französische Architekt Antti Lovag (1920 – 2014). In den 1970er Jahren entwarf der frühe Vertreter des organisch-futuristischen Designs Kugelhäuser, die das Wohnen revolutionieren sollten. Ein Beispiel ist das „Palais Bulles“ des heute etwas in Vergessenheit geratenen Visionärs an der Cote d’Azur, das aktuell bei Christie’s International Real Estate zum Verkauf steht (Preis auf Anfrage). Die 1200 Quadratmeter große, ondulierende Wohnlandschaft in Théoule-sur-Mer an der Bucht von Cannes besteht aus 25 ineinander verwobenen, runden oder geschwungenen Räumen auf mehreren Ebenen und umfasst zehn Schlafzimmer-Suiten, Gärten, Wasserteiche, Swimmingpools sowie ein Amphitheater mit 500 Sitzplätzen und spektakulärem Blick auf das Meer und die Bucht von Cannes.

© le Palais Bulles
© le Palais Bulles

Vulkanische Bergkette

 

Zwischen 1979 und 1984 wurde das ikonische Labyrinth aus Bullaugen, Kuppeln und ellipsenförmige Fenstern für den Lyoner Industriellen Pierre Bernard gebaut. In den frühen 1990er Jahren kaufte es der im vergangenen Dezember verstorbene Pierre Cardin. Der Pariser Modeschöpfer nutzte dieses extraterrestrische Paradies für ausschweifende After-Partys und Laufsteg-Shows.

 

Mit seinen Kugelhäusern schrieb Antti Lovag in den 1970er Jahren Architekturgeschichte. In Zusammenarbeit mit Jacques Couëlle entwarf er 1969 den ersten Prototyp eines „Bubble House“. Bekannt ist auch seine „Maison Bernard“ an der Cote d’Azur – heute eine Stiftung –, die jedes Jahr als Artist Residence einen Künstler oder eine Künstlerin für maximal sechs Monate willkommen heisst und vor kurzem aufwendig saniert und restauriert wurde.

© le Palais Bulles

 

Der terracottafarbene Komplex des „Palais Bulles“ ist auf einem felsigen Ausläufer des Massif de L’Esterel – einer vulkanischen Bergkette – gebaut; bekannt ist sie für ihre roten Farbtöne. Antii Lovag studierte zunächst die Eigenschaften des Geländes. Die Struktur des „Palais Bulles“ gestaltete er dann anhand flexibler Metallgerüste, mit denen er die Öffnungen zum Himmel, zum Meer oder zur Landschaft definierte. Um seine sphärischen und zylindrischen Räume zu kreieren, entwickelte er einfache und kostengünstige Herstellungstechniken für funktionale Schalen, die er kostenfrei zur Verfügung stellte.

Antti Lovag © Maison Bernard

Schaffen für menschliche Bedürfnisse

 

Das „Palais Bulles“ besteht aus einer Aneinanderreihung von Kugeln, die sich ineinander öffnen. Je nach Bedürfnis sah Antii Lovag grundsätzlich vor, Wohnraum zu vergrößern, indem neue Blasen hinzugefügt werden. Er wollte Lebensräume schaffen, die natürlich und in Harmonie mit dem menschlichen Körper gestaltet sind. Auch sollten sich die Möbel dieser Häuser dem Schwung der Gebäude anpassen. Den rechten Winkel befand Antti Lovag dabei als Angriff gegen die Natur; Kugeln und Kurven entsprachen seiner Meinung nach besser der Mobilität der Menschen: „Ob aus wirtschaftlichen Gründen oder aus Mangel an technischen Lösungen, der Mensch hat sich auf Kuben voller Sackgassen und Winkel beschränkt, die unsere Bewegung behindern und unsere Harmonie stören.“

© Wikimedia Commons: Gil Zetbase
© le Palais Bulles

Antti Lovag

 

Wie überdimensionale Skulpturen wirken Antti Lovags lichtdurchfluteten Räume, die permanent für neue Ein- und Ausblicke sorgen. Seine Entwürfe zeugen von Formensprache, von Fröhlichkeit und Humor, von Begeisterung an der Bildhauerei – und einem tiefen Verständnis von Architektur für Menschen. „Es ist die Menschlichkeit und der menschliche Raum, der mich interessiert – das Schaffen von Umhüllungen für menschliche Bedürfnisse“, erklärt er einmal. Antti Lovag selbst bezeichnete sich als Habitologe, schuf er doch Habitats, Wohnräume für Menschen. Das Palais Bulles ist ein großes Gesamtkunstwerk in Space Optik: Im Inneren verwirklichten sich französische Zeitgenossen wie Patrice Breteau, Jérôme Tisserand, Daniel You, François Chauvin und Gérard Le Cloarec. Seit 1999 steht es auf der Liste der historischen Denkmäler des französischen Kulturministeriums.

Der 1920 in Ungarn geborene Antti Lovag studierte Marine- und Maschinenbau in Schweden, bevor in den 1940er Jahren nach Frankreich zog und dort Architektur studierte. Nachdem er in den 1950er Jahren an der Seite von Jean Prouvé und Vladimir Bodiansky gearbeitet hatte, experimentierte er mit Schalen in verschiedenen Techniken und entwarf nach diesem Prinzip Häuser für Antoine Gaudet in Tourrettes-sur-Loup, Pierre Bernard in Port-la-Galère und Pierre Cardin in l’Esquillon.

Wie Antti Lovag seine Kugelhäuser konstruierte, zeigt das Video der Baustelle der „Maison Bernard“:

Vimeo

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Das Buch „The Palais Bulles of Pierre Cardin“ von Assouline verrät mehr über das Projekt.

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