Unsere neue Baumeister Academy Gewinnerin Theresa Wunder ist frisch in Wien angekommen und hat ihr Praktikum bei Querkraft Architekten begonnen. Um sich in der neuen Stadt zurecht zu finden, hat sie erstmal eine Runde mit dem Rad durch Wien gedreht. Welche architektonischen Highlights sie dabei entdeckt hat, stellt Theresa hier vor.

Der Baumeister stellt den Academy Gewinnern jeden Monat eine Aufgabe. Zur ersten Orientierung in der neuen Stadt: Entdeckte Wien mit dem Rad.
Der Flakturm wurde zwischen Oktober 1943 und Juli 1944 errichtet und bis Kriegsende als Feuerleitturm genutzt.
Die Hofburg.
Das Majolika Haus.
Der Stephansdom.

Überall Otto

Erster Tag in der neuen Stadt. Ein (noch) sonniger Sonntagvormittag. Jemand im Sechsten verkauft sein altes Fahrrad übers Internet. Laut Anzeige sei es „stellenweise verrostet“, aber es fährt und ein Schloss gibt es gratis dazu. Die U-Bahn fährt mich meinem künftigem Drahtlipizzaner entgegen. Ich öffne die schwere Haustür, kurzer Smalltalk, einmal aufsteigen, passt. Ich pumpe die platten Reifen auf und die Erkundungstour beginnt. Weit muss ich nicht fahren bis ich die erste Sehenswürdigkeit entdecke. Ich bleibe für einen Moment mit meinem Fahrrad stehen und staune über das Haus des Meeres, welches sich in einem Flakturm aus dem zweiten Weltkrieg befindet.

Ich fahre weiter, biege zweimal ab und treffe ganz unvermittelt auf das Majolika Haus des wohl bedeutendsten Architekten Österreichs. Und plötzlich sehe ich Otto Wagner überall. Ich fahre an den für Wien so typischen grünen Wagner-Stadtbahn-Geländern vorbei. Diese ursprünglich hell beigefarbenen Geländer erhielten erst während der Restaurierung nach dem zweiten Weltkrieg ihre – fälschlicherweise als „Otto-Wagner-Grün“ bezeichnete – Farbe. Noch wenige Meter und ich befinde mich vor der Wagner Stadtbahn Station Karlsplatz. Ich schiebe mein Fahrrad weiter und begrüße mit Freude die Nachbarn: die Karlskirche, das Gebäude der Architektur Fakultät der TU Wien, und das Secessionsgebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ich fahre mit dem Rad weiter auf den Ring, der den ersten Bezirk umschließt. Hier gibt es einen mit Bäumen gesäumten Weg extra für Fußgänger und Radfahrer. Bei der Staatsoper biege ich ab, und stehe plötzlich vor der Rolltreppe, die zum Eingang der Albertina führt. In diesem Kunstmuseum im ersten Bezirk kann man sich die Best Ofs der Kunstgeschichte zu Gemüte führen. Ich staune, wie kurz die Wege in dieser Stadt sind und fahre weiter.

Die skandalöse Nackte

Fiaker kommen mir entgegen. Ich bin kurz vor der Hofburg. Bevor ich das Ziel, den Stephansdom im Herzen der Stadt, erreiche, werfe ich mich – wie jede gute Architekturstudentin – zuvor jedoch vor dem Haus am Michaelerplatz von Adolf Loos auf die Knie. Dieses für 1909 skandalös nackte Haus direkt gegenüber der kaiserlichen Hofburg war ein Dorn im Auge des Kaisers und eine große Errungenschaft der Wiener Moderne. Es beginnt zu regnen. Zum Glück ist es vom Michaelerplatz aus nicht weit bis zum Dom. Ich trete kurz in die Pedale, und das gotische Gotteshaus steht vor mir. Von hier aus fahre ich in meine Wohnung in den Dritten. Durchnässt, aber glücklich über das Erlebte, stelle ich mein Fahrrad ab und freue mich darauf, morgen mit dem Rad ins Büro zu fahren.

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