Es war ein bemerkenswertes Gespräch, das ich mit Volkwin Marg hatte. Vor wenigen Jahren war das, in diesem wunderbaren kleinen Restaurant am Fuße der Anhöhen am Hamburger Elbufer, die oben die Elbchaussee beherbergen, wo auch das Architekturbüro gmp sitzt. Es ging in unserem Gespräch um Fußballstadien, derer Marg viele gebaut hat. Ich, Fußballfan und leidender HSV-Anhänger, wollte von ihm Euphorisches hören. Doch Marg war nicht euphorisch. Statt der oft orgiastischen Freude, die Fußballstadien stiften, sprach er über ihre Ambivalenz, ihre Aggressionen fördernde Seite. Und darüber, dass er selber eigentlich gar nicht so gern in Stadien gehe. Hier klangen auch die Erinnerungen an die Masseninszenierungen der Nazis durch, die er, anders als ich, eben selber noch erlebt hatte.
Volkwin Marg ist ein politisch reflektierender, ein durchaus auch nachdenklicher Mann. Das mag überraschen angesichts des Images seines Büros. gmp, das sind doch die Großbauer, die in China überall mit am Start sind und sich um jeden Staatsauftrag mit balgen? Es stimmt, die Hamburger sind auf vielen Baustellen der Welt mit dabei. Und doch wird man dem Büro nicht gerecht, wenn man ihm wahlloses Alleswollertum unterstellt. Und Volkwin Marg auch nicht. Er weiß genau, was er will und was nicht. Und er mischt sich ein in politische Diskussionen – zuletzt etwa in die Debatte über die Neukonzeption des Berliner Kulturforums.
Marg ist kein einfach nur bauender Architekt. Wie sollte er auch – angesichts seines ersten Studienwunsches, damals in Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern. Germanistik und Philosophie wollte er studieren, durfte es als Pfarrersjunge in der DDR aber nicht. Man unterstellte seiner Familie einen Hang zur Regimekritik. Marg floh dann schließlich nach Westberlin und studierte an der dortigen TU Architektur.
Wie es weiter ging, ist bekannt – die Geschichte der Bürogründung mit Meinhard von Gerkan und der sofortige Gewinn des Berlin-Tegel-Auftrages wurde schon oft erzählt. Wer sie und die Entwicklung von Margs Schaffen seither insgesamt nachvollziehen will, dem empfehle ich einen Besuch vom Aedes Architekturforum in Berlin. Da läuft noch bis zum 1. Dezember die sehenswerte Ausstellung „Volkwin Marg – Die Welt eines Architekten“.
Demnächst gibt es auch aus unserem Haus mehr über Marg und seine Arbeit zu lesen. Gemeinsam mit dem Büro gmp und dessen Partner Hubert Nienhoff geben wir dieser Tage das Buch „Re(v)ferences. Volkwin Marg – Stadium Architecture of von Gerkan, Marg and Partners“ heraus. Unser Ansatz: Stadien in ihrem urbanen Kontext und ihrer je spezifischen städtischen Kultur zu zeigen. Denn so ein Stadion ist nicht nur Solitär. Wer wüsste das besser als Marg, der für viele Stadionbauten rund um den Globus verantwortlich zeichnet. Ein Stadion bezieht sich idealerweise auf den Ort, an dem es steht. Es spielt mit dessen Einflussfaktoren und verankert sich so im städtischen Kontext. Wie das gehen kann, zeigt unser Buch. Und das zeigen auch viele der Stadionbauten, die Volkwin Marg in die Welt gestellt hat. In diesem Sinne – herzlichen Glückwunsch zum 80sten.