12.12.2023

Gewerbe

Tre de Tutto: Römischer Pop

Innenarchitektur
Das Gebäude, indem sich das „Tre de Tutto“ befindet, stammt aus den 1920er-Jahren und war ehemals eine Bäckerei. Foto: Seven H. Zhang
Das Gebäude, indem sich das „Tre de Tutto“ befindet, stammt aus den 1920er-Jahren und war ehemals eine Bäckerei. Foto: Seven H. Zhang

Im römischen Stadtteil Garbatella hat Studio Tamat eine Bäckerei aus den 1920er-Jahren in das Bar-Restaurant „Tre de Tutto“ umgebaut. Zu den rauen Wänden des Ladens haben die Architekten zeitgenössische Elemente in leuchtenden Farben addiert – eine Herangehensweise, die sinnbildlich für den Wandel des Stadtteils von einem Arbeiter- zu einem Szeneviertel steht. 


Römischer Pop

Seit Mitte der 1990er-Jahre hat sich der römische Stadtteil Garbatella allmählich von einem Problemviertel in einen Szenekiez für Kultur- und Nachtleben gewandelt. Der in den frühen 1920er-Jahren als moderne Gartenstadt erbaute Bezirk sollte die Arbeiterklasse der Hauptstadt beherbergen, litt aber viele Jahrzehnte unter einem schlechten Ruf, bis Studenten und Kreative auf ihn aufmerksam wurden, fasziniert von seiner besonderen Morphologie eines grünen Dorfs im Herzen der Stadt. Zu dieser kollektiven Aufwertung hat sicherlich der Verkauf an Privatpersonen – und damit Sanierung – vieler Sozialwohnungen beigetragen, aber auch die mediale Aufwertung des Quartiers in Filmen, Serien und Literatur. Nanni Moretti, einer der ersten, der die Schönheit von Garbatella gefeiert hat, verewigte es in einer berühmten Szene seines Films „Liebes Tagebuch…“ von 1933, in der er auf einer olivfarbenen Vespa durch die von Bäumen gesäumten Straßen des Viertels fährt. Zur Melodie von Leonard Cohens „I’m a lover“ durchquert der römische Regisseur einen großen Torbogen, flankiert von Zwilingsgebäuden mit konkaven Fassaden und dekorativen Stuckmotiven, die im sogenannten römischen Barochetto ausgeführt wurden, einem zu Beginn des letzten Jahrhunderts für die römische Architektur typischen Stil.

Foto: Seven H. Zhang
Fotos: Seven H. Zhang
Ein kobaltblaues Fliesenband schützt rundum die alten rauen Wände der ehemaligen Bäckerei.
Foto: Seven H. Zhang

Respekt vor dem Alten mit neuen Zutaten

Im Erdgeschoss des im Film verewigten Gebäudes hat das Studio Tamat vor Kurzem sein jüngstes Projekt fertiggestellt. Die Architekten erhielten den Auftrag, eine stillgelegte Bäckerei in ein Bar-Restaurant für zwei junge lokale Unternehmer umzuwandeln. „Der Laden war an sich schon sehr interessant, mit seinem bizarren dreieckigen Grundriss und seiner zentralen dreiteiligen Stühle“, erzählt Matteo Soddu, der das Projekt leitete. Mit dem Wunsch, das ikonische Bild des Gebäudes, das unter anderem durch Morettis Film kodiert wurde, nicht zu verändern, entschieden sich die Architekten zunächst dafür, alle Wände des Geschäfts in dem Zustand zu belassen, in dem sie sie vorfanden. Einzige Änderung ist eine Verkleidung aus kobaltblauen Fliesen, die den unteren Teil aller Wände schützt.

Auf einem einheitlichen Betonboden wurde das Erdgeschoss in drei Bereiche gegliedert, die durch das tragende Mauerwerk des Bauwerks definiert sind: ein Eingangs-, ein Tresen- und ein Bistrobereich. In der unteren Etage, die über eine lachsfarbene Treppe zu erreichen ist, befindet sich das Restaurant, bestehend aus zwei Speiseräumen, einer Küche, einem Lager und den Toiletten.

Indem sie das Gefälle der entlang der Westfassade des Gebäudes verlaufenden Straße ausnutzten, konnten die Architekten einen separaten Eingang für das Restaurant schaffen, in das man nun über ein paar Stufen direkt vom Bürgersteig aus gelangen kann. Die Treppe besteht aus einem gebogenen Metallblech, das von einem schrägen Balken getragen wird und zwischen zwei perforierten Paneelen liegt. Die gewählte Farbe, ein Kanariengelb, kontrastiert mit den Pastelltönen der Wände, die hier verputzt und gestrichen oder mit Tapeten beklebt sind. Der Gegensatz zwischen den matten Tönen des Mauerwerks und den leuchtenden Farben der zeitgenössischen Ergänzungen findet sich generell im gesamten Projekt wieder: eine Entscheidung, die in Zusammenarbeit mit der Designerin Sabina Guidotta getroffen wurde, die für das Farbkonzept verantwortlich war.

Foto: Seven H. Zhang
Fotos: Seven H. Zhang
Foto: Seven H. Zhang
Foto: Seven H. Zhang
Foto: Seven H. Zhang
Foto: Seven H. Zhang
Foto: Seven H. Zhang
Foto: Seven H. Zhang

Umbau und Einrichtung aus einer Hand

Die Ausstattung des neuen Restaurants, die ebenfalls vom Studio Tamat stammt, wurde zu einem extrem niedrigen Preis zusammengestellt. Die Stahlrohrstühle, gereinigt und restauriert, wurden auf einem Flohmarkt erworben. Die Beleuchtung besteht hauptsächlich aus einfachen Neonröhren, die je nach Bedarf unterschiedlich gestaltet wurden. Der Tresen aus Feinsteinzeug imitiert den für römische Theken typischen Marmor. Zum neuen Wahrzeichen des Restaurants wurde schließlich die große rose Leuchtreklame, ein Lob auf das Viertel – „Quanto è bella Garbatella – und ein Objekt, das vor allem am Abend die Blicke der Passanten auf sich zieht. Die Kombination aus dem ruppigen Bestand und dem Glanz des Neuen überzeugt – es fügt sich gut in die Dynamik dieses Viertels mit seinen blätternden Fassaden und trendeigen Bars, das inzwischen nicht nur Ziel vieler Römer, sondern auch vieler Touristen geworden ist.

Zwar kein Restaurant aber auch in Rom: Das Olympiastadion. Lesen Sie hier alles über die Geschichte und die Architektur des Stadions. 

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