Skateboard fahrende Mädchen in Kabul? Ein Bild, das wenig mit unserer Vorstellung von Afghanistan zu tun hat. Und doch gibt es diese Bilder – zu sehen bis zum 17. Oktober in der empfehlenswerten Ausstellung „The Good Cause: Architecture of Peace – Divided Cities“ in der Pinakothek der Moderne in München. Porträtiert wird die Arbeit der niederländischen Plattform Archis, einem Netzwerk aus Architekten, Stadtplanern und Wissenschaftlern.
Der etwas sperrige Titel der Ausstellung ergibt sich aus ihrer zweiteiligen Gliederung. Im ersten Teil geht sie dem Begriff des „negativen Friedens“ nach, einem Frieden, der brüchig ist und gerade so lange hält, wie die UN-Truppen vor Ort stationiert sind.
In großen Diagrammen zeigen die Ausstellungsmacher aktuelle Konflikte und, als Reaktion darauf, die gängigen Mittel der Friedenssicherung durch das Militär, verschiedene Regierungen oder Hilfsorganisationen. Anhand dieser Analysen wird deutlich, dass es vor allen Dingen der Faktor Zeit ist, der zu einem „negativen Frieden“ führt. Der Wiederaufbau und noch mehr die Versöhnung der Konfliktparteien ist ein komplexer Prozess, der oft Jahrzehnte andauert – ein Zeitraum, dem die Politik nicht immer gerecht werden kann.
An dieser Stelle setzt Archis an und sucht nach Ansätzen für einen „positiven Frieden“, der auf Aussöhnung, gegenseitigem Vertrauen und Kontinuität basiert. Deren Einfluss wird anhand von Fallbeispielen in Form von Texten und Filmen dokumentiert.
Es ist ein steiniger Weg, den es sich aber zu gehen lohnt, wie eines der Beispiele der Ausstellung zeigt: eine Skateboardschule mitten in Kabul, genannt Skateistan, in der Jungen und Mädchen gemeinsam Skateboard fahren können, um so ein Stück Normalität zu erleben. Ein weiteres Projekt ist die Restaurierungbezeichnet die wissenschaftliche und handwerkliche Wiederherstellung von Kunst- und Kulturgütern. Dabei wird versucht, den ursprünglichen Zustand des Objekts möglichst originalgetreu wiederherzustellen und dabei dessen Geschichte, Materialität und Formgebung zu berücksichtigen. des Bagh-e Babur, eines ehemaligen Palastgartens in Kabul. Seinen Anfang nahm es während des Krieges. Heute ist der Bagh-e Babur ein öffentlicher Treffpunkt inmitten einer kriegszerstörten Stadt. In einem anderen Projekt erarbeiten Planer zusammen mit Verantwortlichen vor Ort ein Handbuch als Leitfaden für den kontrollierten Wiederaufbau der kriegszerstörten Stadt Priština im Kosovo. Oder sie errichten mit Hilfe der Einheimischen ein Besucherzentrum für ein Wildreservat in Afghanistan.
All diese Projekte entstehen gemeinsam mit der Bevölkerung und beziehen unterschiedliche Volksgruppen mit ein. Sie schaffen Arbeitsplätze, neue Wege der Kommunikation und geben die Möglichkeit, sich mit dem Erreichten zu identifizieren.
Die Ausstellung ist Teil des langfristigen Forschungsprojekts „Architektur des Friedens“, das sich beständig um Themen erweitert. Eines dieser Themen nennt sich „Divided Cities“, in denen geteilte Städte in Europa porträtiert werden. Es bildet den zweiten Teil der Ausstellung und wird in einem weiteren Beitrag von uns porträtiert.
Fotos v.l.n.r.: Skatetistan, Aga Khan Trust for Culture, AFIR Architects/Anne Feenstra