Der Architekt als Publizist
Es war eine durchaus lebhafte Diskussion am vergangenen Mittwoch im Hearthouse in München: OMA-Partner Reinier de Graaf war gekommen, um den von ihm kuratierten Juni-Baumeister vorzustellen. Und es ging schnell ums politisch Grundsätzliche. Die politische Note des Heftes wirkte sich direkt auch auf die Diskussion aus, an der neben de Graaf auch die niederländische Stadtplanerin Jacqueline Tellinga, die New Yorker Wissenschaftlerin Patrice Derrington und Münchens frühere Stadtbaurätin Christine Thalgott teilnahmen. Die Bodenfrage wurde diskutiert, und auch Enteignungen von Wohnungsbaufirmen zur Eindämmung der Mietpreise fanden manche Diskutanten durchaus sinnvoll.
Daneben aber stand bei der von Baumeister-Chefredakteur Alexander Gutzmer moderierten Diskussion auch schlicht die Arbeit am Magazin selbst im Vordergrund. „Eine hochspannende Erfahrung war das für uns“, so de Graaf. Als Journalist sehe er sich zwar nach wie vor nicht – aber als jemand, der der Architektendisziplin kritisch den SpiegelSpiegel: Ein reflektierendes Objekt, das verwendet wird, um Licht oder visuelle Informationen zu reflektieren. vorhält, so der langjährige OMA-Partner. Dieses Selbstverständnis zeigt sich in dem Heft wie auch in seiner letzten Buchpublikation „Four Walls and a Roof“. Der Ansatz des publizierenden Architekten ist wichtiger denn je – das fand auch Christiane Thalgott. „Architektur wird heute gesellschaftlich breiter diskutiert und muss auch breiter diskutiert werden. Da sind Publikationen aus Architektenhand ein ganz wichtiges Element.“
Und das auch, wenn sie die Rolle der Architekten selber neu definieren. Der gastkuratierte Baumeister tut dies – etwa durch einen Beitrag von Jacqueline Tellinga. Diese zeigt darin am Beispiel des holländischen Almere auf, wie sich durch eine Philosophie des Self-Building Räume schaffen lassen, „in denen Menschen, ganz simpel, gerne leben“, so Tellinga.
Entwickler und Architekten
Es ging an diesem Abend viel um das komplexe Geflecht, in dem heute Architektur entsteht. Dabei immer auch mit im Blickfeld: die Branche der Immobilienentwickler (von denen auch einige im Publikum saßen. Mit der Rolle der Real Estate-Industrie befasst sich an der New Yorker Columbia University die Architektin Patrice Derrington. In ihrem Baumeister-Beitrag zeigt sie auf, wie die Professionen des Entwicklers und des Architekten nahezu parallel entstanden sind. Derrington auf dem Podium: „Fakt ist: Die Developer sind aus der Entwicklung von Stadtraum heute nicht wegzudenken.“ Es müsse also darum gehen, sie einzubinden in die Formulierung auch sozial funktionierender Vorstellungen von Stadt.