04.07.2017

Öffentlich

Garant für Qualität oder Verschwendung?

Das Wettbewerbsteam bei léonwohlhage arbeitet auf Hochtouren (© Andreas Maierhofer)

Seit hunderten von Jahren stellt der offene und anonyme Architekturwettbewerb das einzige Verfahren dar, bei dem allein die Qualität und Funktionalität des Entwurfs im Vordergrund stehen. Baumeister Academy Gewinner Andreas Maierhofer über die Frage, wie fair und sinnvoll Wettbewerbe gegenwärtig geregelt sind.

Aktuell kann man offene Wettbewerbe in Deutschland oder Österreich fast an einer Hand abzählen. Das führt dazu, dass die wenigen Ausschreibungen mit Einreichungen überschwemmt werden. Eine ausführliche Begutachtung und nachvollziehbare Auswahl? Fast unmöglich. Jedoch ist in meinen Augen das viel größere Problem, die immense Ressourcenverschwendung. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit stellt sich nicht erst ab hundert aussortierten Vorschlägen, sondern muss auch im kleineren Maßstab, der nicht-offenen oder geladenen Wettbewerbe, mit oft nur fünf bis zehn teilnehmenden Büros, kritisch betrachtet werden.

Das Wettbewerbsteam bei léonwohlhage arbeitet auf Hochtouren (© Andreas Maierhofer)
Doch zahlt sich die viele Arbeit an offenen Wettbewerben aus? (© Andreas Maierhofer)
Verbessert sich die Qualität von Wettbewerben durch höhere Teilnehmerzahlen? (©Andreas Maierhofer)

Nach wochenlanger Arbeit und höchstwahrscheinlich auch der einen oder anderen Nachtschicht kommt die Rückmeldung des Preisgerichts: Das war wohl nix! Da ist die Enttäuschung groß. Hinzu kommt, dass nicht nur im eigenen Büro, sondern auch in allen anderen Teilnehmerbüros wahrscheinlich zwischen 50 und 100 Architekten über mehrere Wochen an einem guten Entwurf gearbeitet haben. Selbstverständlich kommen nicht alle zur perfekten Lösung, dennoch werden so bis zu 20000 Arbeitsstunden im Endeffekt einfach weggeschmissen. Diese Zahl explodiert bei den wenigen offenen Wettbewerben um ein Vielfaches. Zweifellos kann man, neben dem bestmöglichen Ergebnis für das Projekt selbst, auch positive Nachwirkungen für die leer ausgehenden Büros ausmachen. Verbesserung des eigenen Knowhows in der Planung bestimmter Projekttypen oder die Entwicklung von Ideen, die auch für nachfolgende Entwürfe funktionieren und weitergedacht werden können. Grundsätzlich stelle ich mir aber während meinem aktuellen Praktikum bei léonwohlhage – also direkt betroffen im Wettbewerbsteam – eher die Frage, ob man diese Ressourcen nicht besser einsetzen kann – egal ob es die eigenen oder die eines anderen Büros sind.

Seien wir mal ehrlich: Nicht-offene oder geladene Wettbewerbe dienen doch eigentlich nur der Absicherung der Auslober. Diese befürchten, wenn den Auftrag ein Büro bekommt, das noch nie ein vergleichbares Projekt geplant hat, würde es womöglich schief gehen. Das hält sich ähnlich wie mit dem Paradoxon: „Niemand lässt dich ein Haus bauen, wenn du noch nie eins gebaut hast.“ – Dafür stehen heute doch sehr viele Gebäude auf dieser Welt.

Meiner Meinung nach, sollten zuständige Behörden und auslobende Unternehmer aus der feigen Defensive treten und Wettbewerbe wieder für alle öffnen – geprüft wird so oder so, ob das Ding auch stehen wird. Doch so könnten eine bessere Verteilung der Teilnehmer und vor allem auch bessere Chancen für junge und kleinere Büros erzielt werden. Natürlich werden dann immer noch Ressourcen verloren gehen, und einige vielversprechende Entwürfe auf dem Ideenfriedhof landen. Doch eine offene Wettbewerbskultur verspricht mit Sicherheit qualitativ hochwertige Architektur.

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