Nach wochenlanger Arbeit und höchstwahrscheinlich auch der einen oder anderen Nachtschicht kommt die Rückmeldung des Preisgerichts: Das war wohl nix! Da ist die Enttäuschung groß. Hinzu kommt, dass nicht nur im eigenen Büro, sondern auch in allen anderen Teilnehmerbüros wahrscheinlich zwischen 50 und 100 Architekten über mehrere Wochen an einem guten Entwurf gearbeitet haben. Selbstverständlich kommen nicht alle zur perfekten Lösung, dennoch werden so bis zu 20000 Arbeitsstunden im Endeffekt einfach weggeschmissen. Diese Zahl explodiert bei den wenigen offenen Wettbewerben um ein Vielfaches. Zweifellos kann man, neben dem bestmöglichen Ergebnis für das Projekt selbst, auch positive Nachwirkungen für die leer ausgehenden Büros ausmachen. Verbesserung des eigenen Knowhows in der Planung bestimmter Projekttypen oder die Entwicklung von Ideen, die auch für nachfolgende Entwürfe funktionieren und weitergedacht werden können. Grundsätzlich stelle ich mir aber während meinem aktuellen Praktikum bei léonwohlhage – also direkt betroffen im Wettbewerbsteam – eher die Frage, ob man diese Ressourcen nicht besser einsetzen kann – egal ob es die eigenen oder die eines anderen Büros sind.
Seien wir mal ehrlich: Nicht-offene oder geladene Wettbewerbe dienen doch eigentlich nur der Absicherung der Auslober. Diese befürchten, wenn den Auftrag ein Büro bekommt, das noch nie ein vergleichbares Projekt geplant hat, würde es womöglich schief gehen. Das hält sich ähnlich wie mit dem Paradoxon: „Niemand lässt dich ein Haus bauen, wenn du noch nie eins gebaut hast.“ – Dafür stehen heute doch sehr viele Gebäude auf dieser Welt.
Meiner Meinung nach, sollten zuständige Behörden und auslobende Unternehmer aus der feigen Defensive treten und Wettbewerbe wieder für alle öffnen – geprüft wird so oder so, ob das Ding auch stehen wird. Doch so könnten eine bessere Verteilung der Teilnehmer und vor allem auch bessere Chancen für junge und kleinere Büros erzielt werden. Natürlich werden dann immer noch Ressourcen verloren gehen, und einige vielversprechende Entwürfe auf dem Ideenfriedhof landen. Doch eine offene Wettbewerbskultur verspricht mit Sicherheit qualitativ hochwertige Architektur.