Wer träumte nicht davon, den sagenumwobenen Bilbao-Effekt zu wiederholen? Den Architekten Fender Katsalidis aus Melbourne ist dies womöglich gelungen – mit dem „Museum of Old and New Art“ in Hobart auf Tasmanien. Das Büro ist nun auch in der zweiten Runde unseres Stipendienprogramms „Baumeister Academy“ dabei.
Nonda Katsalidis ist ein Freund von Walsh und Partner des Melbourner Architekturbüros Fender Katsalidis Architects. Es ist nicht das erste Museum der Architektengemeinschaft, die seit 1996 besteht, stetig gewachsen ist und heute Niederlassungen in Melbourne mit 60 Mitarbeitern, in Sydney mit 30 und in London mit ebenfalls 30 Leuten hat. Schon die Erweiterung der „Bendigo Art Gallery“ (1997) und das „Ian Potter Museum of Art“ in Melbourne (1998) zeigen die Affinität und das große Gespür von Fender Katsalidis für Kunst. „Die Aufgabe der Architektur ist es“, so Karl Fender, „Räume zu schaffen, um Kunst zu zeigen und erlebbar zu machen, zu einem Erlebnis werden zu lassen.“ Die Architektur verschmilzt mit der Kunst, lässt sie wirken und wird im besten FalleEine Falle in der Architektur ist ein Mechanismus, der verwendet wird, um eine Tür, ein Fenster oder eine andere Öffnung in einer Position zu halten oder zu verriegeln. Es handelt sich meist um einen Bolzen oder ähnliches, der in eine entsprechende Aussparung greift. Die Falle verhindert, dass die Tür oder… selbst zum Kunstwerk.
Kunst ist ein zentrales Thema für Fender Katsalidis und war von Anfang an integraler Bestandteil ihrer Entwürfe: zum Beispiel das Karyatiden-Relief des australischen Bildhauers Peter Corlett an den Eingängen der „Melbourne Terraces“ (1994). Ein europäischer Besucher mag es kaum glauben, aber es ist eines der ersten Apartmenthäuser in der City. Tatsächlich haben Miets-, Apartment- und Wohnhochhäuser keine lange Geschichte in Australien. Traditionell wohnte man bis in die jüngste Vergangenheit im Eigenheim auf einem „Quarter Acre“ (etwa 1000 Quadratmeter) Land, genannt „the Australian Dream“. So bildeten sich die unendlichen Vororte einerseits und die reinen Geschäftszentren in den Innenstädten an dererseits. Mietshäuser entstanden als sozialer Wohnungsbau, selten genug, und zeugten von der Armut ihrer Bewohner. Mit Kindern, die dort wohnten, spielte man nicht.
Als Karl Fender und Nonda Katsalidis (mit deutsch-holländischem und griechischem „Migrationshintergrund“, wie ihre Namen unschwer erkennen lassen) Anfang der 1990er Jahre ihre eigenen Architekturträume aufs Papier brachten, entstanden Luxus-Apartment-Hochhäuser für die Innenstadt, also etwas Unerhörtes und komplett Neues für Melbourne und ganz Australien. Kurze Arbeitswege, Wohnen und Arbeiten im selben Quartier, vertikale Stadtteile sollten es werden. „Vorbilder für die Wohnungsgrundrisse hatten wir eigentlich keine,“ sagt Karl Fender. „Wir haben uns überlegt, wie wir selber gerne wohnen würden.“
Mehr dazu im Baumeister 3/2014
Fotos: John Gollings