Asturien wichtigstes Kunstmuseum in Oviedo wurde von Francisco Mangado saniert und erweitert. Die Wände eines ganzen historischen Häuserblocks bleiben als äußere Schicht stehen – zurückversetzt entstand eine neue Glasfassade, die durch die Öffnungen des Bestands hindurch schimmert.
Oviedo, die Hauptstadt von Asturien, ist nicht gerade wegen seiner kulturellen Schätze oder touristischen Reize bekannt. Das könnte sich jetzt ändern: im letzten Jahr wurde das „Museo de Bellas Artes de Asturias“ in Oviedo welches von dem baskischen Architekten Francisco Mangado erweitert. Das Museum, zuvor notdürftig in zwei Adelspalästen untergebracht, wurde auf ungewöhnliche Weise erweitert, indem Mangado das traditionelle Vokabular spanischer Palastarchitektur zeitgemäß interpretierte. Er setzte für den Erweiterungsbau auf eine überraschende Strategie: Die beiden Altbauten – der Palacio de Velarde (1765) und die Casa de Oviedo-Portal (um 1660) – blieben für die künftige museale Nutzung erhalten, gleichzeitig gelang es der Stadtverwaltung in den letzten Jahren fünf weitere Grundstücke für die Museumserweiterung aufzukaufen.
Der Architekt setzte auf das Bild einer Collage der bereits vorhandenen Fassadenteile, die er additiv entlang der Calle Rúa positionierte. Dieses surrealistische Verfahren mündet allerdings in einen theatralischen Bühneneffekt, der den Passanten „prima vista“ verbirgt, was sich hinter der Kulisse chocartig auftut: eine machtvolle, opake Glaswand, die sich wie ein dräuendes Gebirgsmassiv auftürmt.
Zwei FassadenFassaden sind die Außenwände von Gebäuden, die zur Straße hin sichtbar sind.
Wer sich von der Plaza de la Catedral dem Museum nähert, dem wird zunächst die Sukzession der Fassadenteile gar nicht auffallen, obwohl der DachaufbauDachaufbau: Der Dachaufbau beschreibt die bauphysikalischen Eigenschaften und die Zusammensetzung einer Dachkonstruktion. mit den spitzwinkligen Oberlichtern schon etwas befremdet. Erst das neue Entree auf der Calle Rúa – eine hinter den klassizistischen Torbögen verborgene Öffnung in der undurchsichtigen Glaswand – macht den Clash zwischen Alt und Neu, zwischen traditionellen und modernen Materialien sinnlich fassbar. Mangado konstruierte ein architektonisches Palimpsest – mit einer äußeren städtischen und einer inneren musealen FassadeFassade: Die äußere Hülle eines Gebäudes, die als Witterungsschutz dient und das Erscheinungsbild des Gebäudes prägt.. Er wollte erkunden, wie sich derart konträre Fassadenkonstruktionen zueinander verhalten: „Meine Absicht war, hinter der historischen Fassade ein völlig neues Gebäude zu errichten und damit eine Spannung zu provozieren, die die architektonische Intensität zwischen dem Alten und Neuen spürbar macht.“
In Wirklichkeit verhält sich die Sache noch komplizierter, denn das Verhältnis von Sichtbar und Unsichtbar trieb der baskische Architekt auf die Spitze: Hinter der opaken Museumswand zieht sich eine weitere entlang, die dem Besucher als zusätzliches Fassadenelement weitgehend verborgen bleibt. Sie verläuft parallel zur Treppe und rahmt die charakteristische LochfassadeLochfassade: Eine Lochfassade ist eine Fassadenbauweise, bei der sich die Fassadenelemente aus vertikalen oder horizontalen schmalen Elementen zusammensetzen, welche zwischen den Glasflächen sitzen und somit lichtdurchlässig wirken. ein, die bereits zum Markenzeichen von Mangados Archäologischem Museum in Vitoria wurde.
Hinter der steinernen Hülle macht sich – wie es Mangado versteht – die „mineralische Materialität“ der neuen architektonischen Struktur breit: Sie betreibt ein Spiel der Öffnungen, die für Mangados Verständnis von architektonischer Intensität steht – als formale, visuelle und funktionale. So lässt der Blick von außen, durch die Öffnungen in der historischen Fassade hindurch, die Struktur der Museumserweiterung nur erahnen, während der Museumsbesucher von innen die Stadt nur durch die Lochfassade und stark gefiltert wahrnimmt.
Das Museo de Bellas Artes de Asturias hat durch Francisco Mangados Erweiterung endlich einen Attraktivitätsschub erhalten. Im Neubau sind zwar ausschließlich spanische Künstler der letzten Dekaden versammelt, aber nun fällt deutlich mehr Glanz auf Meister wie Picasso, Zurbarán, de Ribera, Goya und El Greco, die bislang noch in den angrenzenden Palästen untergebracht sind.
Mehr dazu finden Sie im Baumeister 10/2015