26.08.2014

Öffentlich

Wowereit geht. Hier schreibt sein möglicher Nachfolger

CC Lizenz via Eisendieter

 

Überraschend, aber nachvollziehbar hat Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit heute seinen Rücktritt verkündet. Ein möglicher Nachfolger könnte Jan Stöß sein, momentan Landesvorsitzender der Berliner SPD. Mit ihm lieferte sich im Juli-Baumeister der Autor Falk Jaeger in der Rubrik “Mail an…” ein kleines Scharmützel. Thema war der Bürgerentscheid über die Bebauung des Tempelhofer Feldes. Hier aus aktuellem Anlass der Text.

Falk Jaeger an Jan Stöß:

Sehr geehrter Herr Stöß,

der Senat von Berlin und mit ihm Ihre Partei hat bei der Abstimmung über die Gesetzentwürfe zum Flughafen Tempelhof eine herbe Niederlage einstecken müssen. Das Vorhaben des Bausenators, auf dem Tempelhofer Feld rasch und problemlos eine große Zahl an Wohnungen zu realisieren, ohne sich den Mühen der kleinteiligen Stadtverdichtung unterziehen zu müssen, ist gescheitert. Das teure Prestigeprojekt LZB (Landes- und Zentralbibliothek) des Regierenden gleich mit. Das Verramschen des Flughafengebäudes („Wowis Resterampe“) an Zufallsmieter und zeitgeistige Eventmanager ist keine Zukunftsoption, sondern ein jämmerliches Armutszeugnis. Das Bewusstsein für die epochale städtebauliche, architektonische, luftfahrtgeschichtliche, politische, zeitgeschichtliche und touristische Bedeutung der Gesamtanlage Flughafen Tempelhof scheint überall auf der Welt vorhanden, nur nicht in der Bundeshauptstadt Berlin. 

Tempelhof ist ungeheure Chance und Verpflichtung zugleich. Was der Flughafen braucht, ist eine mitreißende Aufbruchstimmung. Doch allen Protagonisten ist klar, der Hemmschuh steht im Roten Rathaus. Aber vielleicht nicht mehr so lange.
Die Frage geht deshalb an Sie als Mann der Zukunft in Berlin, inwieweit Sie sich das große Thema zu Eigen machen? Vielleicht die von vielen Seiten vorgeschlagene luftfahrtaffine Nutzung des Flughafens Tempelhofs? Sie wäre eine Vision, ein weltweit beachtetes Schaufenster Berlins und der Berlin-Brandenburgischen Industrie, der Stadt- und Zeitgeschichte.
Welche Pläne verfolgen Sie für „THF“, also das Tempelhofer Feld? Das würde mich und alle Berliner, aber auch alle Luftfahrtfans wie die Architekten Volkwin Marg und Norman Foster, die sich für THF engagieren, brennend interessieren.

Mit freundlichem Gruß
Falk Jaeger

Jan Stöß’ Antwort:

Sehr geehrter Herr Jaeger,

das Ergebnis des Volksentscheids zum Tempelhofer Feld ist tatsächlich ein Schlag ins Kontor für unsere Wohnungspolitik und den dringend erforderlichen Wohnungsbau in Berlin. Berlin wächst. In den vergangenen drei Jahren sind fast 150.000 Menschen nach Berlin gezogen. Nun gilt es, an anderen Orten in Berlin zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Das wird mühsam sein, oft auch konfliktbeladen, und es wird mehr Zeit brauchen. Wir müssen im Dialog mit den Bürgern und unter den Parteien einen Konsens darüber anstreben, wo sich die Stadt auf Entwicklung und Neubau verständigen kann.

Berlin wächst, weil die Stadt attraktiv ist. Sie ist ein Versprechen von Freiheit, von Kultur und sozialem Aufstieg. Die Wirtschaft wächst, es entstehen neue Arbeitsplätze. Andererseits führt diese Entwicklung dazu, dass es enger, voller und vieles auch teurer wird. Viele empfinden deshalb das Wachstum als Bedrohung. Veränderungen wird es in Berlin weiterhin geben. Die Frage ist, ob wir den Veränderungsprozess gestalten oder ihn einfach über uns kommen lassen.
Beim Tempelhofer Feld wird es auf absehbare Zeit allerdings keine Entwicklung geben. Hier gilt das Volksgesetz, und das lässt keine wesentlichen Veränderungen am derzeitigen Zustand zu. Die SPD respektiert diese Entscheidung, und das heißt, wir werden an dieser Stelle keine großen Pläne mehr verfolgen. Beim Flughafengebäude benötigen wir mehr finanzielle Mittel zur Sanierung. Natürlich brauchen wir eine Vermietung der Flächen, damit sich das Gebäude finanziell trägt. Ich finde aber, das Gebäude muss für die Öffentlichkeit besser zugänglich sein. Wenn man zum Beispiel das Dach begehbar macht, könnte die von Ihnen geforderte Aufbruchstimmung entstehen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan Stöß

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