In meinem letzten Beitrag habe ich COOP Himmelb(l)au als lebendigen Organismus beschrieben, in dem unermüdlich an Visionen gearbeitet wird. Die Wettbewerbsabteilung ist das Herz dieses Organismus: hier entstehen Ideen, die wie Schätze behütet werden, gilt es doch zu verhindern, dass sie in die Hände der Presse oder gar der Konkurrenz gelangen, bevor die Jury entschieden hat, wer in die nächste Runde kommt, oder gar direkt als Gewinner hervorgeht und somit (möglicherweise) mit dem Bau beauftragt wird.

In den letzten Wochen durfte ich erleben, wie es ist,  genau in dieser Situation bei einem großen Projekt vor Ort zu sein und den Zeitdruck, die Spannung und gelegentliche Verzweiflung einzufangen, die in dieser kurzen Zeitspanne alltäglich sind. Zusehen, wenn die erste Konzeptskizze innerhalb von drei bis vier Wochen unter Hochdruck zu einem fertigen Projekt wird, das anschliessend behutsam in die große Welt hinausgetragen wird, und dann, ein paar Jahre später, Millionen von Menschen begeistert. Bis dato kannte ich das ansatzweise nur von kleineren Projekten, oder dem Unialltag, aber nicht auf der großen Showbühne der Internationalen Architekturwelt.

Der Weg zum fertigen Wettbewerbsbeitrag ist paradoxerweise kurz und lang zugleich: Kurz, weil gemessen an der Komplexität des Projekts sehr wenig Zeit zur Verfügung steht und lang, weil es keinen geraden Weg zum Ziel gibt, sondern in der Umsetzung von vermeintlich optimalen Ideen plötzlich Hürden oder Hindernisse auftauchen, die zu Umwegen, aber auch kompletten Neuanfängen zwingen, was in Verbindung mit dem stets präsenten Zeitdruck die Nerven aller Beteiligten manchmal aufs Äußerste strapaziert.

Mittendrin hat man als unerfahrener Mitstreiter zeitweise das Gefühl im Meer von blauen Styrodurwürfeln (siehe Foto, Schaumstoff, der sich hervorragend zum Bau einfacher Konzeptmodelle eignet) zu ertrinken, dann gibt es jedoch wiederum Momente, in denen man stolz die Box mit dem fertig gebauten Abgabemodell verschliesst.

Architektur ist nunmal eine Berufung, die in meinen Augen nur mit Enthusiasmus und „Herzblut“ funktionieren kann. Natürlich muss es auch hier Hoch- und Tiefphasen geben. Dies ist immer verbunden mit Emotionen, vergleichbar  mit dem „Erleben“ der Bauten selbst durch die Besucher. Umso trauriger erscheint es mir, wenn die Resultate aktueller Architekturwettbewerbe hierzulande oftmals Entwürfe zeigen, die rein ökonomische Ziele über gestalterische Vielfalt und wirkliche Innovation stellen.

Unser Wettbewerbsbeitrag für den neuen Medienstandort des ORF (Anm.: Öffentlicher Rundfunk/Fernsehen in Österreich) ist seit diesem Wochenende online zu finden. COOP Himmelb(l)au hat nicht gewonnen, aber ich bin stolz dabei gewesen zu sein, beim Versuch, die Wiener Medienlandschaft nachhaltig zu verändern, ja vielleicht sogar neu zu erfinden.

Im Hinblick auf die Beschreibung der Wettbewerbsatmosphäre in einem großen Architekturbüro greift die rein sprachliche Ebene vermutlich viel zu kurz, um  das Szenario vom „Wettbewerbsrausch“ ausreichend zu vermitteln. Ein recht aktueller Dokumentarfilm scheint diese Atmosphäre tatsächlich sehr eindrucksvoll umgesetzt zu haben:

In „Competition“ ist es dem Architekten Angel Borrego Cubero gelungen, ins Herz der Ideenschmiede fünf International renommierter ArchitektInnen vorzudringen und diese ein paar Wochen durch den hitzigen Wettbewerbsalltag zu begleiten.  Mit Spannung erwartet, wird der Film am 19. November diesen Jahres, im Rahmen der „Vienna Art Week“, in Wien, ausgestrahlt.

Also raus aus dem Büro: Popcorn und Dosenbier!

Die Baumeister Academy wird unterstützt von Graphisoft.

 

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