Amelie Jasper arbeitet als Praktikantin bei Helen & Hard in Oslo, ermöglicht durch die Baumeister Academy. Hier berichtet sie regelmäßig über ihre Erfahrungen.

Vor ein paar Monaten wusste ich noch nicht viel über Norwegen und Oslo. Einige Freunde, die schon dort waren schwärmten von der Stadt und der Natur, andere fanden Oslo nicht sehr aufregend. Ich hörte diesen Berichten zwar interessiert zu, ließ mich aber weder positiv noch negativ beeinflussen. Ich wollte völlig unvoreingenommen in diese Stadt ziehen und meine eigenen Erfahrungen machen.

Nach meiner Ankunft am Flughafen, der außerhalb der Stadt liegt, wurde ich von einer Freundin mit dem Auto abgeholt. Während der Fahrt durch die ländliche Umgebung Oslos fielen mir die zahlreichen knallroten Häuser auf, die einen wunderbaren Kontrast zur sattgrünen Natur bilden. Später erfuhr ich, dass die Skandinavier ihre Holzhäuser früher rot strichen um ihnen ein ähnliches Aussehen von Backsteinhäusern zu geben, die damals auf Wohlstand hindeuteten. Diese Tradition hat sich bis heute fortgesetzt.

Wenige Minuten später, nachdem wir die Vororte Oslos passiert hatten, bot sich mir ein ganz anderer Anblick. Eine Hafenstadt mit diversen neuen Hochhäusern und natürlich dem Opernhaus von Snøhetta. Die Oper kannte ich bereits, mit einer derartigen Skyline hatte ich jedoch nicht gerechnet. Wir fuhren weiter in das Zentrum der Stadt, das mit seinen typischen städtischen Häusern, kleinen Einkaufsstraßen und zahlreichen Menschen auf der Straße einen viel angenehmeren Eindruck auf mich machte als die Hochhaus-Kette am Hafen.

Hier wohne ich seitdem und fühle mich jetzt schon irgendwie zuhause. Auf den Straßen im Zentrum Oslos herrscht ein lebendiges Treiben. Dennoch ist es kein hektisches Treiben wie ich es aus München gewöhnt bin. Die Menschen strahlen eine gewisse Art von Ruhe aus, was bestimmt an ihrer Verbundenheit zur Natur liegt. Sogar am Morgen und nach Feierabend scheinen sie ihre Ruhe zu bewahren, was mir eine freudige Abwechslung zum hektischen und lauten Verkehr Münchens mit seinen zahlreichen Hupkonzerten bot.

Das Büro von Helen & Hard liegt nicht mal eine Gehminute von meiner Wohnung entfernt, wofür ich vor allem im Winter sehr dankbar sein werde. Über den Arbeitsalltag werde ich das nächste mal mehr berichten, heute möchte ich über eine Ausstellung erzählen, bei der ich viel über Oslo, die abgeschlossenen und laufenden Bauprojekte hier und auch über die ominösen Hochhäuser, die mich bei meiner Ankunft so überrascht haben, erfuhr.

Oslo ist die am schnellsten wachsende Stadt Europas. Viele Leute kommen hier her auf der Suche nach Arbeit, Kultur und Ausbildung. Große Städte bringen jedoch auch Probleme wie Umweltverschmutzung, Kriminalität und soziale Ungleichheit mit sich. Da diese Themen jeden, der hier lebt, betreffen, informiert das norwegische Design und Kulturzentrum in einer Ausstellung darüber wie der Staat als wichtigster und größter Bauherr diese Probleme mithilfe von Architektur und Design lösen kann.

Durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrssystems und der Radwege und durch den Bau von öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen etc. in der Innenstadt und in der Nähe von günstigen Verkehrsknotenpunkten sollen Emissionen reduziert werden. Fußgänger und Radfahrer sollen sich im Verkehr sicher fühlen, aber auch nachts auf den Straßen. Durch den Bau öffentlicher und kultureller Zentren werden die Straßen belebt, was der Kriminalität entgegenwirkt und außerdem Kontakt zwischen Menschen aus verschiedenen sozialen Gruppen und unterschiedlicher Herkunft ermöglicht. In der Ausstellung wurden viele verschiedene bereits ausgeführte Projekte gezeigt wie zum Beispiel das Opernhaus, oder Gebäude, die noch in Planung sind, wie das neue Nationalmuseum.

Auch die unter anderem von MVRDV und Snøhetta entworfenen Hochhäuser, wurden in einem kurzen Animationsfilm vorgestellt. Da die Stadt der wachsenden Bevölkerung ausreichend Platz zum Leben und Arbeiten bieten will, gleichzeitig aber die Nähe zur Natur beibehalten möchte, entschied man sich für eine vertikale Verdichtung anstelle einer horizontalen Ausbreitung. Vor ein paar Jahren begann der Bau des sogenannten Barcode Projekts in der Nähe des Hauptbahnhofes.

Die einzelnen Gebäude stehen aufgereiht nebeneinander, mit einem Abstand von je 12 Metern und haben alle ein eigenes Design. All diese neuen Projekte laufen unter einem großen Vorhaben das Zentrum der Stadt dem Wasser anzunähern und die Hafengegend mehr zu beleben. Wie gesagt war ich zunächst etwas befremdet durch den Anblick der Hochhäuser, da ich so etwas nicht erwartet hatte. Nach dem Besuch der Ausstellung kannte ich den Gedanken und das große Konzept dahinter und bin sehr gespannt auf die Zukunft Oslos. Vor allem Architekten haben hier die Chance sich kreativ auszuleben, da die Stadt noch viele Änderungen und Ergänzungen geplant hat und zudem offen ist für originelle Vorhaben und ausgefallene, neuartige Designs.

Die Baumeister Academy wird unterstützt von Graphisoft.

Scroll to Top