Mit dem australischen Architekturverständnis ist es schon so eine Sache. Von grünem Schleim als Gestaltungselement an innerstädtischen Fassaden bis hin zu Vorstadthäusern in Schlangenoptik scheint hier nichts unmöglich. Es steht außer Frage- hierzulande liebt man Eyecatcher und Kitsch.

Dieses bedenkliche Phänomen wurde bereits in den 50er und 60er Jahren von Robin Boyd, einem bekannten Vertreter der Moderne in Australien, erkannt und in seinem Buch „The Australian Ugliness“ mit dem Begriff Featurism betitelt. Schuld an der Misere sind wohl spontane Geschmacksverirrungen und Investoren, die sich hauptsächlich für schnelles Geld, für Architektur hingegen wenig interessieren. Diese schnellen Developer-Projekte zeichnet oft ein fehlendes Maß an Sensibilität gegenüber der gebauten Umwelt sowie schrille Formen und Farben aus.

In vielen Fällen kommt es auch zu ausdrucksloser Stahl- und Glasarchitektur, ausgestattet mit wenig Dämmmaterial, dafür aber so viel Technik wie möglich. Das ist momentan besonders gut in den Docklands, Melbournes ehemaligem Indusriehafen-Areal, zu beobachten. In einem Zug wurden hier Flächen auf maximalen Profit ausgelegt und ein Wohnturm nach dem anderen aus dem Boden gestampft. Resultat des Ganzen sind leider recht gesichtslose und atmosphärisch tote Orte.

Selbstverständlich ist dieses Phänomen der profitorientierten Architektur nicht ausschließlich auf dem fernen Kontinent auf der Südhalbkugel beobachtbar, aber möglicherweise ist es hier im Vergleich zu europäischen Verhältnissen besonders ausgeprägt. Um kein allzu schwarzes Bild zu zeichnen, sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass es hier durchaus auch positive Architekturbeispiele abseits des Featurism zu finden gibt. Man muss eben nur gut suchen.

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