04.02.2022

Architektur Wohnen

Ein Haus als Loggia

In Barcelona hat das Büro Arquitectura-G ein Familienhaus errichtet

Foto: Maxime Delvaux

In Barcelona hat das Büro Arquitectura-G ein Familienhaus errichtet, dessen Vorder- und Rückseite kaum unterschiedlicher sein könnten. Gibt es sich zur Straße ganz verschlossen, scheint es zum Gartenhof aus einer mehrstöckigen Loggia zu bestehen.

 

Foto: Maxime Delvaux

 

Ihr Ziel sei es gewesen, „eine bewohnbare Loggia um einen Patio-Garten“ zu schaffen, sagen die Architekten von Büro Arquitectura-G aus Barcelona. Ihre Casa Costa scheint aus nicht mehr als aus einer Straßenfassade und dahinterliegenden Balkonen zu bestehen. Als „Innenräume, die Außenräume sein wollen“ beschreiben die katalanischen Architekten ihre Absicht beim Bau des Hauses.

 

Foto: Maxime Delvaux

 

Die nackten Betonböden, -decken und -pfeiler, die Wendeltreppe aus vorgefertigten Betonelementen – sie tragen im Innern des Gebäudes zu dem Eindruck bei, sich in einem Außenraum zu befinden. Die großen Sonnensegel aus Zeltplane, die auf der Patio-Seite vor die offenen Etagen gezogen werden, scheinen der einzige Schutz vor der Witterung zu sein. Natürlich stimmt das nicht. Aber die bodentiefen Fensterelemente aus unlackiertem Aluminium können ganz zur Seite geschoben werden. Beim längeren Flügel des L-fömigen Grundrisses bedeutet das, das vier Fensterelemente übereinander geschoben werden.

 

Foto: Maxime Delvaux

Die Wohnräume werden zur Loggia

 

Der Grundriss ist an keiner Stelle tiefer als ein Raum, so dass, wenn die Fensterwände in den beiden Stockwerken beiseite geschoben sind, fast das gesamte Haus zu einer Loggia wird. Nur zwei Bäder, der Windfang und ein Zimmer, das in den Winkel der beiden Gebäudeflügel liegt, sind dann noch abgeschlossene Räume. Eines der Bäder und das Zimmer werden erhalten durch jeweils ein Fenster in der Straßenfassade Licht. Ein weiteres Fenster belichtet den tiefsten Raum des Obergeschosses von einer zweiten Seite.

 

Foto: Maxime Delvaux

 

Die Fassade selbst stellt einen völligen Gegenentwurf zur Loggia-artigen Gartenseite der Casa Costa dar. Zu einen, weil die Architekten hier eine Art archetypische Hausfriont entwerfen. Die Lochfassade bildet eine Türöffnung im Erdgeschoss und zwei hochrechteckige Fensteröffnungen im Obergeschoss aus. Zum anderen, weil sich fast abweisend gibt. Die Läden vor den Fenstern sind schmucklose Metallplatten an Angeln. Wie die Haustür liegen sie im geschlossnen Zustand plan in der Wandfläche. Auch das Oberlicht über der Haustür ist mittels einer Klappe abdeckbar. Nicht zuletzt sorgt der einheitliche gebrochene Weißton von Putz, Fensterläden und Tür für ein extrem geschlossenes und monochromes Erscheinungsbild.

 

Foto: Maxime Delvaux

Ein Patio als Garten

 

Typologisch steht die Casa Costa in der Tradition des Patio-Hauses, wie es in Spanien weitverbreitet ist. Den Innenhof interpretieren die Architekten hier allerdings als Garten mit Bäumen und Büschen. Deshalb bildet er auch nicht das kommunikative Zentrum des Hauses, sondern schirmt die Hausrückseite mit ihrem Loggia-Charakter ab. Zugleich sorgt die Vegetation für Schatten und verhindert, dass sich die Hitze im Hof staut. Zu diesem Konzept passt, dass der Patio sich nicht im Zentrum des Gebäudes befindet. Er ist in eine der rückwärtigen Grundstücksecken gerückt und wird von den beiden Hausflügeln an zwei Seiten eingefasst.

 

Foto: Maxime Delvaux

Dachterrasse als Wohnraum

 

Neben dem Gartenhof verfügt die Casa Costa über eine weitere Freifläche. Nahezu die gesamte Dachfläche ist als Terrasse ausgebildet. Die Wendeltreppe, die auch die unteren Stockwerke miteinander verbindet, endet in hier einem kleinen Pavillon. Anders als beim Gartenhof ging es den Architekten hier darum, einen Wohnraum unter freiem Himmel zu schaffen. Deshalb planten sie direkt hinter der Straßenfassade, die die Dachterrasse vollständig abschirmt, eine Freiluftküche mit Wasseranschluss ein.

 

Foto: Maxime Delvaux

 

Während die Architekten die rückwärtige Loggia durch das Grün des Gartenhofes vor der Sonne können, fehlt dieser Schutz bei der Straßenfassade. Darum greift Arquitectura-G auch hier auf die südeuropäische Praxis zurück und verschließt diese Seite des Hauses wie gezeigt so weit wie möglich. Auch die weiße Außenfarbe verhindert übermäßiges Aufheizen durch die Sonneneinstrahlung. Künstliche Klimatisierung wird durch diese Maßnahmen überflüssig.

 

Foto: Maxime Delvaux

 

Die Architekten adaptieren im Grunde genommen die jahrhundertealten Bauweisen, die sich aus den klimatischen Bedingungen der iberischen Halbinsel entwickelt haben. Doch dank moderner Bautechniken können sie die Idee des zum Hof hin offenen Hauses wesentlich weiter treiben, als das mit vormodernen Konstruktionsmethoden möglich war.

Ähnlich radikal und doch ganz anders reagiert eine Villa von José Francisco García-Sánchez in Andalusien auf die glühende Sonne Spaniens. 

 

Zeichnung: Arquitectura-G
Zeichnung: Arquitectura-G
Zeichnung: Arquitectura-G
Zeichnung: Arquitectura-G

 

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