Grundzüge des Schaffens
Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal gehören zu den international wichtigsten Vertretern einer „pragmatischen“ Architektur. Freiräume zu planen, sehen sie als eine Hauptaufgabe ihrer Architektur. Mitte Juni wird die Ausstellung „Lacaton & Vassal“ im Aut. Architektur und Tirol eröffnet.
Bereits in ihrem ersten Projekt, dem Einfamilienhaus Latapie von 1993, formulieren sie die Grundzüge ihres weiteren Schaffens: Eine Gewächshauskonstruktion stülpt sich über einen einfachen Holzkörper und definiert eine klimatische Hülle, die als Wintergarten und erweiterter Lebensraum fungiert. So entstanden 185 Quadratmeter Nutzfläche für 55.000 Euro.
Das Thema des Gewächshauses nimmt in weiterer Folge eine zentraleZentrale: Eine Zentrale ist eine Einrichtung, die in der Sicherheitstechnik als Steuerungszentrum für verschiedene Alarmvorrichtungen fungiert. Sie empfängt und verarbeitet Signale von Überwachungseinrichtungen und löst bei Bedarf Alarm aus. Rolle in ihrem Werk ein, denn es findet sich kaum ein Projekt, das nicht gewisse Elemente oder Versatzstücke dieses Industrieproduktes aus dem Gartenbau aufgreift.
Dies gilt auch für die experimentelle Reihenhaussiedlung Cité Manifeste in Mulhouse – ein international beachtetes Projekt, das bereits 2005 im Aut zu sehen war. Hier ruht eine überdimensionale Gewächshauskonstruktion auf einem Sichtbetonsockel. Auf aufwendige Details wurde verzichtet und nur zwei Drittel des errichteten Volumens thermisch isoliert, den restlichen Raum können die Bewohner mit Hilfe von flexiblen Elementen klimatisch steuern.
Von den fünf beauftragten Architekturteams erfüllten sie damit am radikalsten den Anspruch nach mehr Raum. Nicht nur weil sie fast das doppelte VolumenVolumen: Das Volumen beschreibt das Raummaß bzw. die Größe eines Körpers oder Behälters in Kubikmetern oder Litern. des üblichen Standards im sozialen Wohnbau errichteten, sondern auch weil die loftähnlichen Wohnungen Spielraum für eine individuelle Aneignung zulassen.
Ausstellung Lacaton & Vassal
Die Ausstellung zeigt anhand von Projektionen zahlreicher Bauten und Studien diesen sozialen wie nachhaltigen Ansatz der beiden Architekten und eröffnet konzeptionelle Alternativen zu aktuellen Diskussionen im sozialen Wohnbau. Durch großformatig projizierte Fotos der transformierten Räume wird die Qualität ihrer Haltung direkt spürbar. Zusätzlich werden einige architektonische Konzepte von öffentlichen Bauten sowie ihre Entwurfsmethodik mittels Slideshows präsentiert.
In der Lounge des Aut vermittelt ein Foto vom Innenraum des Palais de Tokyo einen maßstabsgetreuen Eindruck von der Haltung der beiden Architekten im Umgang mit historischer Substanz. Ergänzt wird die Ausstellung durch Bücher und Projektdokumentationen von Lacaton & Vassal sowie durch zwei auf Bildschirmen präsentierten Vorträgen der beiden Architekten.
Die Ausstellung findet vom 22. Juni bis 6. Oktober 2018 im Aut statt.