17.08.2020

Öffentlich

Entdecke Nürnberg: Ein neues Konzerthaus für Nürnberg

Die letzten sechs Monate nahm uns Academy Gewinnerin Annette mit auf Spaziergänge durch Nürnberg. Für ihren letzten Beitrag gibt Annette uns Einblicke in das aktuellste Projekt vom super future collective: das neue Konzerthaus in Nürnberg, das 2021 gebaut werden soll. 

Trotz der im Moment unvorhersehbaren und wirtschaftlich eher unsicheren Zukunft herrscht im Office des super future collectives wieder reger Betrieb. Zusammen mit den fünf Gründungsmitgliedern, einem weiteren jungen Architekten und zwei Werkstudentinnen arbeite ich abwechselnd an unterschiedlichsten Projekten mit. Aktuell planen wir den Neubau eines Studentenwohnheims sowie den Umbau einer Scheune. Außerdem beschäftigen wir uns mit einigen weiteren Neu- und Umbauten sowie Machbarkeitsstudien und Konzeptfindungen.

Ein Projekt, das alle nun schon seit gut zweieinhalb Jahren begleitet ist die Planung für das neue Konzerthaus in Nürnberg. Zusammen mit Professor Johannes Kappler und Topotek 1 Architektur gewannen super future collective im April 2018 unter 246 Einreichungen den offenen zwei-phasigen Wettbewerb. Seitdem arbeiten wir und die anderen Architekten in enger Absprache mit Fachplanern an der Detaillierung des Entwurfs.

Gemeinsam mit topotek 1 gewann das super future collective den Wettbewerb für das neue Konzerthaus in Nürnberg.
Seit zwei Jahren planen sie nun das Projekt.

Ein modernes Pendant zur Meistersingerhalle

Das neue Konzerthaus mit 1.500 Sitzplätzen wird neben der Denkmal geschützen Meistersingerhalle am Rande des Luitpoldhains in Nürnberg entstehen. Der Neubau versteht sich als modernes Pendant und orientiert sich respektvoll an der Architektur der alten Meistersingerhalle. So nimmt der transparente, gläserne Sockel die bestehende Traufhöhe auf. Dennoch setzt das neue Konzerthaus durch den zeitgemäßen Entwurf einen neuen städtebaulichen Akzent.
Im Zuge des Neubaus gestalten die Landschaftsplaner von Topotek 1 den neu definierten Außenbereich sowie die Atrien im Foyerbereich des Konzerthauses. Zudem arbeiten in Berlin die Architekten von Topotek 1 im Moment schwerpunktmäßig an der Planung des Konzertsaals. Hier beim super future collective in Nürnberg wurden in den letzten Wochen in Abstimmung mit den Statikern und Fassadenplanern (sowie dem Team von Topotek 1) umfassende Plansätze inklusive maßgebender Anschlussdetails erstellt. Außerdem stand zur Aufgabe, ein passendes Möblierungs- und Gestaltungskonzept für das vordere Foyer sowie die auf zwei Ebenen verteilten Räume des Hinterhauses (das Künstlerfoyer, die Stimmzimmer, WCs und Büros) auszuarbeiten.

Die Räume der Musiker

Das neue Konzerthaus wird künftig regelmäßig von den beiden Nürnberger Orchestern – der Staatsphilharmonie Nürnberg und den Nürnberger Symphonikern – bespielt. Es werden aber auch immer wieder auswärtige Orchester und Künstler zu Gast sein. Somit müssen die Räume der Musiker eine gewisse Flexibilität aufweisen.
Im Hinterhaus orientieren sich auf zwei Etagen um einen Innenhof verschieden große Stimmzimmer, welche Musiker unterschiedlicher Instrumentengruppen nutzen, um ihre Instrumente zu stimmen und sich einzuspielen. Damit sich die Musiker in Ruhe auf die Konzerte vorbereiten können, sind diese Räume von außen kaum einsehbar. Neben den Zugängen zu den Zimmern werden unterschiedlich große Paneele aus mattierten Glasbausteinen platziert, sodass die Größe der Räume von außen ablesbar wird.

Im Inneren legen sich um einen Innenhof die Stimmzimmer der Musiker. Glasbausteine lassen die Größe der Räume erahnen, sonst sind die Zimmer weitgehend abgeschottet, damit sich die Musiker konzentrieren können.
Die Entscheidung fiel auf eine Sonderform des klassischen Glasbausteins: ein trapezförmiger Glasbaustein, dessen Seitenflächen um fünf Grad nach oben geneigt sind.

Ein Ort für Begegnung und Feiern

Wir entschieden uns für eine Sonderform des klassischen Glasbausteins: ein trapezförmiger Glasbaustein, dessen Seitenflächen um fünf Grad nach oben geneigt sind. Die einzelnen Elemente können direkt übereinandergesetzt werden, sodass keine sichtbare Mörtel-Fugen entstehen.

Es entsteht keine ebene Glasfläche, sondern eine geschuppte, dreidimensionale Ebene. Neben der Optik dienen die Glasbausteine auch der Akustik des Flurs. In Verbindung mit dem hellgrauen Terrazzoboden, den Wänden aus Sichtbeton und einer durchgehenden Filzdecke erhält der Flur, welcher den begehbaren Innenhof säumt, einen eindrucksvollen Charakter.
Um in den Stimmzimmern und -fluren die nötige raumakustische Qualität zu erzielen, erfolgte
die Gestaltung und Auswahl der Materialien in enger Zusammenarbeit mit fachspezifischen Akustikern (Kahle acoustics).
Alle Stimmzimmer sind neben akustisch wirksamen Flächen an Decke und Wänden zusätzlich mit einem umlaufenden Akustikvorhang ausgestattet. Das ermöglicht, dass die Raumakustik je nach Nutzung individuell angepasst werden kann. Die Vorhänge setzen optisch farbliche Akzente zwischen den ansonsten überwiegend dezenten Farben und natürlichen Oberflächen. Die Auswahl der Farben von Vorhängen und weiterem Mobiliar im gesamten Konzerthaus basiert auf einem Farbkonzepts des Designers Oliver Klimpel.

Angrenzend an den Innenhof des Hinterhauses befindet sich das Künstlerfoyer – praktisch das Herzstück der Räume für die Musiker. Der Raum erstreckt sich über beide Geschossebenen und bietet Platz für Feiern und legeres Beisammensein der Musiker vor oder nach der Vorstellung. Dank des leichten Mobiliars können die Musiker den Raum flexibel nutzen. Gerahmt wird der Raum, ähnlich wie die Stimmzimmer, von einem raumhohen Vorhang.

Aktuell feilen wir unter Anderem noch an der Gestaltung des vorderen Foyers. Auch hier ist unser Ziel, die richtige Mischung aus der Eleganz eines Konzerthauses mit urbanem Charme und einer gewissen zeitgemäßen Leichtigkeit zu finden.

Der Baubeginn des Konzerthauses ist für 2021 geplant. Es bleibt zu hoffen, dass sich dies durch die Corona-Krise nicht allzu weit zeitlich verzögert. Ich jedenfalls bin gespannt, wie sich Nürnbergs Kulturlandschaft durch das neue Konzerthaus weiterentwickeln wird. Vielleicht animiert die moderne, zeitgemäße Architektur zukünftig ja auch wieder die junge Generation zu einem klassischen Konzertbesuch.

Alle Bilder: super future collective/johannes kappler/topotek 1

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