18.11.2019

Gewerbe

Vorbei der Spaß

Horton Plaza Mall

Kinos

Die Horton Plaza Mall in Downton San Diego war mal bunt und voller Leben. Bunt ist sie immer noch, aber Konsumenten findet man keine mehr. Eine Mall-Ruine. Der Immobilienentwickler Stockdale möchte nun einen Hightech-Campus mit Entertainment-Elementen daraus machen. Ein letzter Besuch in einem Stück Geschichte.

Die Horton Plaza Mall in San Diego ist verlassen und verfällt.
Die Infrastruktur ist nicht mehr nutzbar.
Kinos, Restaurants und Läden sind längst geschlossen.
Aus der Ikone der postmodernen Architektur soll bald ein Hightech-Campus werden.
Das Architekturbüro Rios Clementi Hale aus Los Angeles ist schon engagiert.

Ein herausfordernder Abstieg

Alle Fotos: Alexander Gutzmer

Es ist schon ein Schock. Da erwartet man eine Architektur der hysterischen Freude, grelle Farben, überdrehte räumliche Effekte, kreischende Teenager. Und dann das: Die „Horton Plaza Mall“ in Downtown San Diego, eine Ikone der postmodernen Architektur, ist verlassen und verfällt. Horton Plaza war mal eines der, wenn man so sagen will, „Hauptwerke“ des ikonischen Planungsbüros Jon Jerde. 1985 eröffnete der Riesenkomplex im damals heruntergekommenen Downtown San Diego. Mit der sechseinhalb Blocks umfassenden Outdoor-Mall begann die Regenerierung des Viertels. Heute wirkt das sich südöstlich anschießende Gaslamp Quarter vital und frisch. Jon Jerdes Mall-Legende tut dies nicht mehr.

Natürlich, Konsummuster ändern sich. Der Bau- und Wirtschaftstypus „Mall“ hat insgesamt schon bessere Zeiten gesehen. Und auch das Labyrinthische, das Großkomplexen wie Horton Plaza anhaftet, kommt bei den Käuferschichten von heute nicht mehr so gut an. Die Konsumenten wollen effiziente und transparente Wegführungen. Und überhaupt bestellen sie, sofern jüngeren Alters, bekanntlich lieber online. Und dennoch konnte ich nicht anders, als melancholisch zu werden, als ich heute Morgen durch die staubigen Gänge der fünfgeschossigen Mallruine stolperte. Blinde Fester, abfallende Signaturen, nicht mehr funktionierende Aufzüge. Letzteres ist vor allem auch deshalb ein Problem, weil Jerdes Projekt, wie viele Großarchitekturen aus den 1980er Jahren, Sackgassen und irritierende Wegführenden beinhaltet. Wenn man mal auf der obersten Etage angekommen ist, stellt der Abstieg durchaus eine Herausforderung dar.

Spielerische Grandezza

Aber ehrlich gesagt, faszinieren mich derlei architektonische Ecken und Kanten. Die Zukunft der Location dürfte hingegen glatt, womöglich einfacher zu nutzen, aber definitiv weniger spielerisch sein. Der Immobilienentwickler Stockdale will das Ensemble in einen Hightech-Campus mit Entertainment-Elementen verwandeln. Das Architekturbüro Rios Clementi Hale aus Los Angeles ist schon engagiert. Verzögerungen gib es ausgerechnet deshalb noch, weil der Einkaufsgigant Macy’s, der momentan einen der wenigen noch offenen Läden betreibt, gegen den Umbau prozessiert. Langfristig Erfolg haben dürfte der Protest aber nicht. Jerdes delirierender Konsumtempel ist bald Geschichte.

Also – wer demnächst mal nach Kalifornien kommt, dem empfehle ich einen Abstecher nach Downtown San Diego. Die verfallenden pseudo-italienischen Piazzas und lateinamerikanischen Tempel-Anmutungen geben einen atmosphärischen Enblick in eine Zeit, in der die Architektur zwar nicht immer geschmackvoll, aber auf jeden Fall von einer spielerischen Grandezza getragen war. Diesen Spirit, dieses Heitere vermisst man heute doch gelegentlich.

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