03.12.2014

Öffentlich

Giebelreihen

Mittenwald ist ein bayerischer Bilderbuchort vor grandioser Bergkulisse. Unweit des historischen Ortskerns sollte die Musikinstrumentenbauschule erweitert werden. Den Architekten gelang es, die ortstypischen Haus- und Gestaltungsformen aus verschiedenen Jahrhunderten aufzugreifen und sie in eine zeitgemäße Architektur zu übersetzen.

Den Wettbewerb haben die Münchner Architekten ABP, Edgar Burian, Thomas Pfeiffer und Arwed Sandner, gewonnen. Sie orientierten sich an den charakteristischen Merkmalen des historischen Ortsbilds: den geschlossenen giebelständigen Häuserreihen, den aneinandergefügten Satteldächern und ihren Grabenrinnen als Regenabläufe, den farbigen Faschen um die Fenster, die sich an den Fassaden der Bestandgebäude finden. Sie interpretierten diese Gestaltungselemente neu: So besteht die Erweiterung aus drei langgestreckten, in Länge und Breite leicht unterschiedlichen Riegeln, definiert von aneinandergebauten Satteldächern mit einer Neigung von nur elf Grad.

Im Gegensatz zum großen Dachüberstand der historischen Häuser sind Ortgang und Traufe sehr knapp ausgebildet, um die besondere Bedeutung der Schule zu betonen – ähnlich wie sich früher viele öffentliche Gebäude durch eine andere Dachform hervortaten. Nach Nordosten, zur Straße, zeigt sich das Gebäude in durchgängiger Bauflucht, auf der Südseite ragen die Baukörper dagegen versetzt vor.

Auch bei Fassadengestaltung und Materialwahl orientierten sich die Architekten am Vorhandenen – an den verputzten Lochfassaden und dunklen Holzelementen, die sie zeitgemäß transformierten. Im warmen Grauton des Fassadenverputzes setzen die Fensterpaneele aus dunklem Lärchenholz und helle Faschen Akzente.

Stringent und zurückhaltend wie das Äußere, mit wenigen, ausgesuchten Materialien und sorgfältiger Detaillierung, sind auch die Innenräume gestaltet: hell verputzte Wände, Eichenparkett in den Lehrsälen, dunkel geölte Eiche für Treppe und Türelemente.

Die denkmalgeschützte Jahrhundertwende-Villa wurde ebenfalls von ABP Architekten behutsam saniert und die Fassade – energetisch ertüchtigt – mit neuen Kastenfenstern und freigelegter Fassadenbemalung wiederhergestellt. Der Eingriff beschränkt sich auf das Notwendigste.

Kubatur und Fassadengestaltung fügen sich heute überzeugend in den heterogenen Schulkomplex ein, zu dem neben den Gebäuden aus der Ursprungszeit die Häuser aus den 1950er und 1980 Jahren gehören, ebenso wie das Holzlagerhaus, eine imposante dunkle Scheune. ABPs Ergänzung definiert einen zentralen Hof als Mitte der Schule und ordnet damit die Gesamtanlage neu. Als Schmuckstück und Blickfang bildet das alte Forstamt nun das attraktive Entree: Der Eingangs- und Pausenhof mit seinen Stufen und Bänken wird zum einladenden Außenraum.

„Lernen als Prozess“ – mehr über die Musikinstrumentenbauschule in Mittenwald im Baumeister 12/2014

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