Es gibt einen „touristischen Blick“ auf unsere Städte. Der britische Soziologe John Urry bezeichnet damit Erwartungen Reisender an Architektur, Städte, Landschaften und andere ortsspezifische Konstruktionen – Erwartungen, die sich durch die globalen Medien und den globalen Tourismus immer weiter verbreiten. Denn ein Ort wird nur durch das persönliche Vor-Ort-Sein als „authentisch“ und als eigene Erfahrung wahrgenommen, und der Wunsch nach Authentizität wird in einer zunehmend technologischen Welt immer stärker.
Die Evolution des touristischen Blicks ist undenkbar ohne die vorherige Entwicklung des Reisens zu einem massenkulturellen Phänomen. Historisch gesehen war Reisen ausschließlich den Oberschichten vorbehalten, beispielhaft dafür ist die aristokratische Kavaliersreise zu den antiken Stätten. Der Massentourismus ist ein Produkt der relativ neuen ModernisierungModernisierung bezieht sich auf umfangreiche, oft technisch aufwändige Umbaumaßnahmen, um ein Gebäude oder eine Einrichtung auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen, die Energieeffizienz zu verbessern und den Komfort zu erhöhen. Dabei können z.B. alte Heizungs- und Lüftungssysteme durch moderne, energieeffiziente Anlagen ersetzt werden, um den Energieverbrauch zu senken…. und Demokratisierung des Reisens, die im späten 19. und im 20. Jahrhundert stattfand, als Mobilität, Infrastruktur und industrielle Produktion revolutioniert wurden und die Kämpfe der Arbeiterschicht zu mehr Freizeit für die arbeitende Bevölkerung führten. Tourismus ist grundsätzlich eine moderne Erfindung, die es ohne die technologischen und sozialen Fortschritte der letzten beiden Jahrhunderte nicht geben würde. Auch die moderne Architektur, wie wir sie kennen, hätte sich ohne diese Fortschritte wahrscheinlich nie entwickelt.