23.09.2017

Event

Neue Alpine Architektur

Holzschnitzerei-Groednertal-bergmeisterwolf

Holzschnitzerei Perathoner im Grödnertal von Bergmeisterwolf; Foto: BR

Das Bauen in den Bergen ist eine Herausforderung. Ein unberechenbares, oft raues Klima, unwegsames Gelände und schwierige wirtschaftliche Verhältnisse haben hier einen eigenen Stil geprägt. Zwischen Dolomiten und Wettersteinmassiv besinnen sich Architekten auf ihre baukulturellen Wurzeln – und entdecken die Ästhetik einer ursprünglichen Bauweise wieder.

Der Anspruch, diese Bautradition in eine zeitgemäße Formensprache zu übersetzen, hat international beachtete Beispiele hervorgebracht. Die vierteilige Reihe „Neue Alpine Architektur“ im BR verschafft einen Gesamtüberblick über die wichtigsten Neuerungen in den Regionen Graubünden, Tessin, Vorarlberg, Tirol, Südtirol, Oberbayern und dem Allgäu.

Holzschnitzerei Perathoner im Grödnertal von Bergmeisterwolf; Foto: BR
Paramount Residence Alma, Sexten, Plasma Studios; Foto: BR
Refugi Lieptgas, Nickisch Walder Architekten; Foto: BR
Foto: BR
Chesa Futura, St. Moritz, Foster & Partners; Foto: BR

Teil 1: Bayern

In Garmisch-Partenkirchen macht die neue Olympia- Sprungschanze der Bergiselschanze von Zaha Hadid Konkurrenz. Nicht weit entfernt blickt im Karwendelgebirge ein überdimensioniertes Fernrohr aus Stahl, Beton und Lärchenholz in die Berglandschaft. Im Allgäu ist es vor allem das Architektenbüro Noichl und Blüml, das sich durch den Bau von Bergstationen einen Namen gemacht hat.

Preisgekrönte Alpen-Architektur findet sich am Fuße des Wendelsteins, wo der Münchner Architekt Florian Nagler schlanke Wohntürme aus Holz für das Hotel Tannerhof entworfen hat, die sich am Vorbild der ursprünglichen Gästehütten orientieren. Die ebenfalls ausgezeichnete „Berge“ von Möbeldesigner Nils Holger Moormann in Aschau schlägt eine Brücke zwischen Historie und Moderne. Moormann renovierte ein fast 400 Jahre altes Haus mitten im Ort zu einem rustikalen Gästehaus mit urbanem Flair.

Das kleine Ferienhaus von Arnhard und Eck Architekten in Oberaudorf wirkt mit seinem Satteldach und traditioneller Holzverkleidung auf den ersten Blick unscheinbar. Im Innern entpuppt es sich als sorgfältig gestaltetes Raumwunder, das auch den Ansprüchen junger Großstädter genügt und neue Feriengäste in den beschaulichen Luftkurort lockt. Dieser Film der Reihe zeigt anhand vielfältiger Beispiele, dass qualitätsvolle Architektur für die Alpenregionen zukunftsträchtig ist.

Teil 2: Österreich

Im Skisport- und Bergwanderland Österreich sind es touristische Bauten, die sich durch Gestaltung und Materialien auszeichnen. Dabei ist die Erschließung der hochalpinen Bergwelt ein umstrittenes Thema. Mit diesen Fragen auseinandergesetzt haben sich Architekten wie Carlo Baumschlager von Baumschlager Hutter oder Obermoser Architektur, die die futuristisch wirkende Gaislachkogelbahn und das dazugehörige Bergrestaurant Ice Q gebaut haben.

Solange der Wintersport in den Alpenregionen eine Rolle spielt, wird man auch über Formen der baulichen Infrastruktur nachdenken müssen. Dabei hat die Gestaltungsqualität Bedeutung, denn Architektur wird zunehmend zum Touristenmagnet – und damit zum Wirtschaftsfaktor. Am deutlichsten zeigt sich das an den beiden Landmarken, die sich Innsbruck geleistet hat: Die Stadt beauftragte Zaha Hadid mit dem Bau einer Sprungschanze und der Hungerburgbahn. Beide Bauten zeichnen sich durch eine radikal innovative Ästhetik aus. Die prägnante Bergiselschanze ist inzwischen dabei, dem „Goldenen Dachl“ als Wahrzeichen Innsbrucks den Rang abzulaufen.

Doch es bedarf nicht immer internationaler Namen, um hochwertige Architektur zu schaffen. Vor allem in Vorarlberg haben einheimische Baumeister wie Hermann Kaufmann oder Marte.Marte Architekten das Bauen in den Bergen signifikant weiterentwickelt.

Teil 3: Südtirol

Vor allem in Südtirol hat sich eine junge Architektenszene entwickelt: Experimentierfreudig, offen und dennoch verwurzelt in baulichen Traditionen. Dazu gehört Ulla Hell von Plasma Studios: Ihre plastisch ausgeformten Baukörper sind eigenwillig und doch mit der Landschaft verbunden. Sie hat in Südtirol unterschiedliche Wohnhäuser entworfen, die eins verbindet: Ein deutlich erkennbarer Gestaltungswille.

Architekten wie Bergmeisterwolf, Modus Architects oder Höller & Klotzner bauen im Dialog mit Tradition und Topographie. Ob sich die Gebäude in die Hänge eingraben, die Berge spiegeln, wie etwa die Mirror Houses von Peter Pichler Architekten, oder ihre Form nachahmen, wie der Salewa-Firmensitz in Bozen – stets gelingt es den Architekten, ausdrucksstark und doch zurückgenommen zu bauen. Das gilt auch für die Werke der Südtiroler Altmeister Werner Tscholl und Matteo Thun.

Auch in Südtirol stellt das zeitgemäße Bauen im hochalpinen Bereich eine zentrale Herausforderung dar. Auf fast 3.000 Meter sind Errungenschaften wie hochwertige Dämmung, Solarenergie und Brauchwasserwiederaufbereitung noch wichtiger als im Tal. Trotz einer vitalen Szene einheimischer Baumeister leisten sich auch die Südtiroler importierte Stararchitektur: Auf dem Kronplatz hat Zaha Hadid ein neues Museum für Reinhold Messner gebaut.

Teil 4: Schweiz

Einer der Vorreiter des Bauens in den Alpen ist der Schweizer Pritzker-Preisträger Peter Zumthor. Mit seiner Therme in Vals setzte er schon Ende der 90er-Jahre Maßstäbe. Der Monolith aus Valser Quarzit fügt sich in den Berghang ein, sein archaisch wirkender, streng puristischer Innenbereich scheint direkt in den Fels gehauen. Hier wird das Baden zum rituellen Erlebnis. Nicht ohne Grund gilt die Therme inzwischen als Klassiker der modernen alpinen Architektur.

Wie man der beeindruckenden Berglandschaft, den natürlich vorkommenden Materialien und den regionalen Bautraditionen Rechnung tragen und gleichzeitig Neues schaffen kann – darüber haben auch andere nachgedacht. Nicht nur heimatverbundene Schweizer Architekten wie Gion Caminada und Bearth & Deplazes – die durch die Monte-Rosa-Hütte auf sich aufmerksam machten – auch Namen wie Foster & Partners oder OMA haben bewiesen, dass man in den Schweizer Bergen traditionell und zukunftsgewandt zugleich bauen kann.

Von Mario Botta bis Herzog & de Meuron reicht die Linie international agierender Schweizer Architekten und ihren anspruchs- und qualitätsvollen Beiträgen zur alpinen Baukultur, die in Teil 1 der Reihe vorgestellt werden. Nicht zuletzt ist es jedoch eine neue, experimentierfreudige Architektengeneration, der auch Selina Walder und Georg Nickisch angehören, die die Zukunft der alpinen Architektur prägen werden. Schon mit ihrem Erstlingswerk, einer Ferienhütte aus Beton, beweisen die beiden, dass zeitgemäßes Bauen heimatverbunden sein kann.

Vom Bauen in den Bergen:
Neue Alpine Architektur in Bayern (Teil 1/4): 26.9.17, 22.30 Uhr
Neue Alpine Architektur in Österreich (Teil 2/4): 10.10.17, 22.30 Uhr
Neue Alpine Architektur in Südtirol (Teil 3/4): 17.10.17, 22.30 Uhr
Neue Alpine Architektur in der Schweiz (Teil 4/4): 24.10.17, 22.30 Uhr

im BR Fernsehen

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