23.04.2014

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Fassade gleich Oberfläche?

Andreas Hild gilt als Architekt, der bewusster und offensiver als viele Kollegen mit unterschiedlichen Fassaden arbeitet. Häufig und gern setzt er auf Lösungen aus Putz. Alles Fassade also? Wir fragten nach.

Baumeister: Andreas Hild, häufig hört man die Gleichung „Fassade gleich Oberfläche gleich Oberflächlichkeit“. Was setzt Du dem entgegen?
Andreas Hild: Das ist eine verbale Figur, die speziell angesichts der vielen unterschiedlichen Aufgaben von Fassaden überhaupt keinen Sinn macht. Ein klassisch ausgebildeter Architekt muss behaupten, dass sich jede Fassade strikt aus dem Innerem seines Gebäudes heraus entwickelt. Wäre das so, dann hätte die Fassade als Eigenleistung tatsächlich keinen Wert. Nur: Wer sagt denn, dass das so sein muss? Warum muss eine Fassade, um gut zu sein, einzig das Innere eines Gebäudes abbilden?

B: Was macht denn eine gute Fassade aus?
A H: Die Fassade muss viel können: Sie reguliert die Temperaturunterschiede zwischen innen und außen, sie strukturiert die Nutzung eines Gebäudes. Sie repräsentiert ein Haus nach außen und nach innen organisiert den Übergang zwischen öffentlichem Raum und privatem Raum. In der zeitgenössischen Debatte scheint es aber als hätte immer das Volumen den Primat und die Fassade wäre nur auf der Oderfläche Übrigens ist die Fassade schlicht das teuerste Bauteil, mit mindestens 30 Prozent der Baukosten. Es ist nicht sinnvoll die Bauteile gegeneinander auszuspielen dennoch die Fassade ist das Bauteil das Architektur konstituiert.

B: Heißt das auch, dass sie die Handschrift des Architekten erkennen lassen muss?
A H: Nicht unbedingt. Die Handschrift von Architekten im Sinne eines Brand wird überschätzt. Außer Euch Kritikern und ein paar besonders egomanischen Architekten interessiert sich keiner dafür.

B: Heißt das, die besondere architektonische Handschrift gibt es nicht?
A H: Natürlich gibt es besondere Vorlieben. Und natürlich können speziell die Fassaden von guten Architekten auch mehr als 0815-Fassaden. Nur repräsentieren diese nie einen Architekten selbst. Wichtig ist doch die Leistungsfähigkeit einer Fassade. eine Fassade muss etwas kònnen und je nachdem was sie kann oder sagen will da unterscheiden sich dann auch die Architekten.

B: Sind denn eure Gebäude nicht wiedererkennbar?
A H: Manchmal wahrscheinlich doch, aber das ist für mich keine Notwendigkeit, nach der wir streben Anders als es beispielsweise für einen Richard Meier oder Mario Botta, war wo das für jedes Haus galt. So einer Signature-Architektur liegt natürlich auch eine Idee von allgemeiner Gültigkeit zu Grunde. Bei uns geht es mehr um wiederkehrende Interessen.

B: Was sind denn wiederkehrende Interessen, die sich in Hild und K-Fassaden zeigen?
A H: Zunächst die Transformation bestehender Architekturen. wir glauben, dass Architektur der Sprache ähnelt. Mit den vorhandenen Wörtern können neue Dinge gesagt werden. Architektonische Motive oder auch historische Elemente lassen sich zu etwas Neuem, Zeitgemäßem zusammenfügen.

B: Wie unregelmäßig darf „zeitgemäß“ heute sein?
A H: Sehr. Deshalb gilt unser Interesse zum zweiten auch der Frage, wie sich mittels regelmäßigen Systemen etwas Unregelmäßiges erzeugen lässt. Nehmt die Fassade der TU München, die Ihr im Baumeister ja auch besprochen habt. Sie stellt die Frage: Wie viel Unregelmäßigkeit braucht Stadtarchitektur?

B: Die Irrationalität des Urbanen wird sichtbar. Ein Ansatz allerdings, der unter Kritikern kontrovers diskutiert wird.
A H: Klar. Es gibt Leute, die sagen: Was soll das, das ist doch von innen gar nicht begründet. Denen sage ich: Das stimmt, das war auch nicht die Intention.

B: Wenn, wie Du sagst, das Äußere das Innere nicht repräsentiert: Ist die Fassade dann nur noch eine Verkleidung über ein komplettes Raumprogramm?
A H: Hier gibt es meiner Ansicht nach keinen Zwang. Sonst müssten bei ähnlichen Aufgaben ja auch alle Fassaden gleich ausschauen. Das ist nicht nötig, auch ein Blick in die Architekturgeschichte widerlegt das. Oder nehmen wir die Allianz-Arena von Herzog & de Meuron. Repräsentiert die Fassade hier das Innere?

B: Gut, sie tut das durch die unterschiedlichen Farben, die sie je nach Fußballspiel annehmen kann.
A H: Ja, aber das ist doch letztlich ein abstraktes Farbspiel. Das ist einfach eine gute Fassade. Die Frage der „Repräsentation“ ist dabei zweitrangig.

B: Welche Zierformen braucht es denn heute?
A H: Solche, die mit dem vorhandenen Vokabularium neue Texte produzieren. Das Ornament ist ein Mittel unter vielen. Heute bezieht sich die Architektur häufig auf Dinge. Man orientiert sich an Trafospulen, an Vogelnestern oder auch ganz anderen Objekten. . Diese „Architektur der Dinge“ ist nicht meine Vision. Mich interessiert, wie sich Häuser aus Analogien zu anderen Häusern herleiten lassen Klar kann man Häuser wie zum Beispiel Lippenstifte machen. Aber ist das, in unserem kulturellen Kontext, wirklich eine gute Idee?

Mehr dazu im Baumeister 4/2014

Fotos: Michael Heinrich

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