Auch amerikanische Einflüsse durchdringen das Werk des französischen Architekten. Schon häufiger hat Ziegler die Ideen für seine Entwürfe den Arbeiten von großen Meistern wie Frank Lloyd Wright, Mies van der Rohe oder auch Wendell Burnette entliehen. In der Tat lautet das größte Kompliment, das Ziegler für sein eigenes Wohnhaus bekommen hat: „Man denkt, man sei in Montana, wenn man in der Hütte inmitten des Gartens sitzt.“ Die Hütte ist ein kleiner Raum in einem gläsernen Kubus, den Ziegler am anderen Ende des Gartens platziert hat. Von hier kann man auf das Hauptgebäude blicken. „So ein externer Aussichtspunkt auf das eigene Haus ist ein sehr nordisches und angelsächsisches Konzept. In Frankreich trifft man das nur selten an.“ Eine weitere Inspirationsquelle ist Japan: Dies spürt man vor allem an Zieglers obsessiver Detailverliebheit, der Maximierung begrenzter Räume und hier und da einem raffinierten Überraschungsmoment. Einer dieser Momente ereilt einen, wenn man vom gläsernen Kubus aus einen Blick in das Foyer des Wohnhauses erhascht. Dort ist die Küche beherbergt – Zieglers bevorzugter Raum. „Ich entwerfe gerne Küchen hinter großen Fenstern, denn dort spielt sich das wahre Leben ab. Dort verbringen die Leute die meiste Zeit – eine Küche zu beobachten ist genauso interessant wie sich darin aufzuhalten“, sagt Ziegler. „Es ist völlig egal, ob die Küche klein oder geräumig ist, oder darin nur zwei Möbelstücke stehen. Wichtig ist nur, dass die Küche im Herzen des Wohnhauses liegt.“ Und tatsächlich ist Zieglers eigene Küche von allen Seiten des Hauses einsehbar. Sie dient als Grundlage des Gebäudes. Von hier steigt man in die oberen Stockwerke – helle, offene Räume ohne Türensind eine Art von beweglichen Barrieren, die verwendet werden, um Räume und Bereiche voneinander zu trennen oder zu schützen. Sie bestehen in der Regel aus Holz, Metall, Glas oder Kunststoff und können in verschiedenen Größen, Formen und Stilen hergestellt werden. Als Türen bezeichnet man in der Architektur Bauteile, die Öffnungen…. „Ich mag keine geschlossenen Räume. Sie wirken leblos“, betont er. „Ich versuche, Räume zu entwerfen, die kein Ziel haben, die nicht von Grundriss und Abmessungen oder ihrer Lage innerhalb des Baukörpers eingeschränkt werden.“ Diese Idee der Austauschbarkeit ist ein wichtiger Aspekt in Zieglers Arbeit und wird besonders bei seinem Wohnhaus deutlich. „Le 107 sollte einen traumartigen Eindruck erzeugen und seine eigenen Regeln aufstellen“, sagt er. Die drei ineinanderfließenden Stockwerke schaffen eine erstaunlich großzügige und weiträumige Atmosphäre. Des Öfteren verlaufen sich Gäste, wenn sie sich durch die verschlungenen Räume des Hauses bewegen. „Le 107 funktioniert so gut wegen dieser Mischung aus Vertikalität und Offenheit. Der Grundriss hat nur 28 Quadratmeter, aber das Gebäude wirkt viel größer als es ist.“
Inmitten dieser Räume liegt Zieglers Büro – ein heller Raum im Hochparterre, der vollständig seiner Arbeit gewidmet ist. „Ich arbeite niemals woanders im Haus“, beharrt er. „Vielmehr bin ich froh, das Atelier zu verlassen und anderen Interessen nachzugehen, nachdem ich den ganzen Tag gezeichnet und entworfen habe.“ Radfahren und wildes Campen gehören zu Zieglers Lieblingsbeschäftigungen. „Ich genieße jede Gelegenheit, bei der ich der Stadt entfliehen und mich in die Natur begeben kann. Le 107 bietet alles, was ich mir von einem Haus wünsche. Aber sogar ein eingefleischter Urbanist wie ich muss der Stadt von Zeit zu Zeit entkommen.“
Alle Bilder: Thomas Chéné