31.08.2022

Gewerbe

Wohn- und Geschäftshaus in der Tübinger Pfleghofstrasse

Foto: Dietmar Strauß
Foto: Dietmar Strauß

Dannien Roller Architekten + Partner bauten ein spätklassizistisches Wohn- und Geschäftshaus in Tübingen um und erweiterte es gleichzeitig mit einem eingeschossigen Anbau. Ziele waren dabei eine integrierende Architektur und eine Brücke zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Wie das Architekturbüro jetzt im Neubau arbeitet, zeigt der Einblick in die Büroräume.

Nur wenige Meter vom Neckar sowie der Altstadt Tübingens entfernt liegt auf dem Schulberg das historische Wohn- und Geschäftsgebäude an der Pfleghofstraße 4/1, das von Dannien Roller Architekten + Partner umgebaut wurde. Als Ergänzung und Verdichtungsmaßnahme wurde auf der bisher brachliegenden Gartenfläche auf der Rückseite des Gebäudes außerdem ein modern gestalteter Neubau errichtet, der sich architektonisch klar vom Bestand absetzt.

Außenansicht des Wohn-und Geschäftshauses von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen. Foto: Dietmar Strauß.
Fotos: Dietmar Strauß
Außenansicht des Wohn-und Geschäftshauses von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen. Foto: Dietmar Strauß.

Das ausführende Architekturbüro Dannien Roller Architekten + Partner, das das Gebäudeensemble übrigens selber als Bürofläche nutzt, entschied sich für eine behutsame Neugestaltung des alten Gebäudes. Erschlossen wird es von Seiten der Pfleghofstraße. Hier öffnet sich der Gebäudesockel mit einer von geölten Eichenprofilen eingefassten Fensterfront, die auch die Eingangstür zu den dahinter liegenden Büroräumen beherbergt. Die Räume sind dabei als offene Bürolandschaften konzipiert und unterstreichen so den verfolgten, non-hierarchischen Ansatz einer Arbeitsraumorganisation.

Außenansicht des Wohn-und Geschäftshauses von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen. Foto: Dietmar Strauß.
Fotos: Dietmar Strauß
Außenansicht des Wohn-und Geschäftshauses von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen. Foto: Dietmar Strauß.

Moderner Neubau schafft Bezug zum historischen Umfeld

Um den Niveauunterschied zum neuen Anbau auszugleichen, wurde die Bodenplatte des Altbaus auf der gartenwärtigen Seite Richtung Mühlstraße teilweise abgesenkt. Der eingeschossige, skulpturale Neubau beschreibt einen annähernden 90 Grad Winkel und unterscheidet sich in seiner modernen Formensprache deutlich vom historischen Bestand. Bei aller Schlichtheit finden sich jedoch auch Details, mit denen der Neubau den historischen Kontext aufgreift, inmitten dessen er steht. Hier finden sich beispielsweise die eichengerahmten Fenster wieder.

Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Außen. Foto: Dietmar Strauß.
Foto: Dietmar Strauß

Oder aber sein rauer Außenputz, der in Struktur und Farbe Bezug auf die mittelalterliche Stadtmauer unterhalb des Gartens sowie die Mauern des Pfleghofs ganz in der Nähe nimmt. Zusätzlich ist der durch den Neubau entstandene Innenhof mit dem Fußweg auf den Schulbergterrassen verbunden. Die Architektur von Dannien Roller Architekten + Partner greift mit dieser Verbindung von öffentlicher und privater Nutzung ein traditionell bedeutsames Element Tübinger Stadtentwicklung auf.

Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Innen. Foto: Dietmar Strauß.
Fotos: Dietmar Strauß
Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Innen. Foto: Dietmar Strauß.
Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Innen. Foto: Dietmar Strauß.
Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Innen. Foto: Dietmar Strauß.
Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Innen. Foto: Dietmar Strauß.
Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Innen. Foto: Dietmar Strauß.
Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Innen. Foto: Dietmar Strauß.
Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Innen. Foto: Dietmar Strauß.

Sparsame Akzente im Inneren

Im Inneren der Gebäude ziehen sich Schlichtheit und Funktionalität als Raumkonzept weiter durch. Während im Innern des Altbaus grober Putz verwendet wird, ist im Neubau das rohe tragende Mauerwerk noch sichtbar. Die Architekten hatten sich für Kalksandstein entschieden, denn zum einen waren dessen gute Brandschutzeigenschaften wichtig, da die Anforderungen diesbezüglich im Umfeld des Pfleghofs und der restlichen historischen Bebauung besonders hoch sind. Zum anderen war Dannien Roller Architekten + Partner daran gelegen, das Gebäude mithilfe eines sehr groben, abgezogenen und in den Kornspitzen gestrichenen Putzes mit den angrenzenden Natursteinmauern in Dialog treten zu lassen. „Wir hatten durchaus Diskussionen, ein Holzbau stand ebenfalls zur Debatte. Aber wenn sich ein Gebäude von außen an einer Mauer orientiert, dann muss es auch ein entsprechender Bau sein“, ist Matthias Roller überzeugt.
Dass es dem Büro ernst war mit der viel gerühmten „Ehrlichkeit des Materials“, wird im Inneren noch deutlicher: Das KS-Mauerwerk wurde nicht verputzt, sondern weitestgehend im Ausgangszustand belassen – inklusive Spuren von werkseitig aufgebrachten Wandabschnitts- oder Typenbezeichnungen. „Im Winter wurde der Rohbau aus Feuchte-Gründen abgeflämmt, wodurch eine sehr ruppige Oberfläche mit Farbigkeiten entstand, die fast schon an Marmor erinnern“, erzählt Maren Dannien. Für sie stand allerdings auch fest: „Wenn wir so ruppig sind, brauchen wir gleichzeitig eine Detaillierung, die deutlich macht, dass ein Plan dahintersteckt!“ Und so wurden, gemeinsam mit einem Statiker und den Maurern, nicht nur Wandabwicklungspläne mit optisch ansprechendem Verband entwickelt, sondern auch ein Zentimeter dicke, leicht ausgekratzte Lagerfugen in Kombination mit geklebten Stoßfugen realisiert. Durch dieses Zusammenspiel von ausgeprägten geraden Linien und rauen Flächen entstand ein „Werkstattcharakter“, der sich auch im ungeschliffenen, lediglich flügelgeglätteten durchgefärbten Estrich widerspiegelt.

Dazu kombinieren die Architekten und Architektinnen sparsame Akzente und Farbtupfer, wie der leuchtend gelbe Küchentresen im Zwischengeschoss oder der Kronleuchter im Besprechungsraum. Sie verleihen den Innenräumen trotz der Zurückhaltung einen lebendigen Gesamteindruck.

Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Innen. Foto: Dietmar Strauß.
Fotos: Dietmar Strauß
Das Wohn-und Geschäftshaus von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen von Innen. Foto: Dietmar Strauß.
Grundriss mit Maßstab des Wohn-und Geschäftshauses von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen.
Entwurf: Dannien Roller Architekten + Partner
Lageplan des Wohn-und Geschäftshauses von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen.
Ansicht des Wohn-und Geschäftshauses von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen.
Querschnitt des Wohn-und Geschäftshauses von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen.
Hofansicht des Wohn-und Geschäftshauses von Dannien Roller Architekten + Partner in Tübingen.

Architekten: Dannien Roller Architekten + Partner

Kalksandstein: KS-Original, www.ks-original.de

Das könnte Sie auch interessieren: Das Architekturbüro TANK entwarf ein multifunktionales Gebäude in der Pariser Rue Castagnary.

Scroll to Top