Die Bau- und Immobilienbranche schafft nicht nur Wohnraum, sie verursacht auch viel Abfall und CO2CO2: Kohlendioxid, ein Treibhausgas, das maßgeblich zur Erderwärmung beiträgt.. Um beides zu reduzieren, können ältere Gebäude als Materiallager für neue dienen. Das Start-up „Concular“ will dafür sorgen, dass alle Akteure der Bau- und Immobilienbranche einen solchen Kreislauf-Ansatz verwenden.
Plattform für gebrauchte Materialien
„Wir wollen die Branche radikal ändern“, sagt Annabelle von Reutern, Head of Business Development bei Concular. Das und nicht weniger ist das Ziel des Start-ups. Das Unternehmen geht Herausforderungen der Bau und Immobilienbranche an; sowohl Abfallaufkommen als auch CO2-Emissionen will Concular reduzieren helfen, mit einer Idee: zirkuläres Bauen befördern. Statt linear sollen – am besten alle – Akteure der Branche in Kreisläufen denken, planen und wirtschaften. Für solche Kreisläufe bietet Concular eine Plattform. Über diese landen gebrauchte Materialien aus Gebäuden, die abgebrochen oder umgebaut werden, statt auf dem Müll in anderen Bauprojekten. Noch vor Abriss oder UmbauUmbau ist ein Begriff, der sich auf die Veränderung oder Renovierung eines bestehenden Gebäudes oder Raums bezieht. prüft das Team von Concular vor Ort, welche Materialien und Bauteile sich zur Weiterverwendung eignen. Sie nehmen Maße auf, machen Fotos. Alle Details pflegen sie in eine digitale Datenbank ein. Sofern die Akteure des Abbruchgebäudes die wiedergewonnenen Materialien nicht gleich selbst für ein neues Projekt verwenden, können Interessierte die Materialien über den Onlineshop von Concular kaufen. Das sind Türensind eine Art von beweglichen Barrieren, die verwendet werden, um Räume und Bereiche voneinander zu trennen oder zu schützen. Sie bestehen in der Regel aus Holz, Metall, Glas oder Kunststoff und können in verschiedenen Größen, Formen und Stilen hergestellt werden. Als Türen bezeichnet man in der Architektur Bauteile, die Öffnungen… oder Leuchten, Ziegelsteine oder ganze Teeküchen. Was innerhalb einer bestimmten Frist verkauft wird – irgendwann müssen Abriss oder Umbau ja beginnen –, bauen Rückbaufirmen aus. Wenn möglich, kommt Wiedergewonnenes direkt von einer Baustelle auf die nächste. Das spart Transport und Lagerkosten.
Alle müssen mitmachen
Digitalisieren und vertreiben, wieder einbauen und auch neu bauen: An all diesen Prozessen möchte Concular mit seinem ganzheitlichen Ansatz teilhaben. Das Startup will das Ökosystem für zirkuläres Bauen sein. Den Bestand allerdings nur digital erfassen, das reicht Annabelle von Reutern nicht, denn es drängt: „Wir müssen ja heute und nicht erst in 30 Jahren Materialien wieder in den Kreislauf bringen.“ Denn die Baubranche sei ja für einen großen Teil des Abfallaufkommens verantwortlich. „Und da haben wir keine Zeit zu verlieren“, sagt sie. Im Jahr 2020 waren mehr als die Hälfte des gesamten Abfalls in Deutschland dem Umweltbundesamt zufolge Bau und Abbruch abfälle. Neben Bodenaushub, der mit rund 60 Prozent den größten Teil aus macht, zählen dazu Straßenaufbruch, Bauschutt, Baustellenabfälle sowie Bauabfälle auf Gipsbasis. Im eigenen Namen des Startups sind Bauen und Zirkularität bereits verschmolzen: Aus den Wörtern „construction“ und „circular“ entstand Concular. Das Team umfasst 45 Mitarbeitende. Rund 250 Projekte hat Concular bereits durchgeführt, von kleineren Beratungen bis zu größeren Projekten. Unter den Gebäuden, aus denen Concular wiedergewonnene Materialien vermittelte, war beispielsweise die alte Stadtbücherei in Augsburg. Hier hatten sich Concular, das Staatliche Bauamt Augsburg und die Hochschule Augsburg zusammengetan; Architekturstudierende unterstützten beim Erfassen der Materialien. Ein anderes Beispiel ist die Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart, die für die kommende Europameisterschaft umgebaut wird; Concular verkaufte daraus unter anderem Tribünensitze. Und aktuell, im Mai 2023, können Interessierte im Onlineshop Drehkreuze aus dem Frankfurter Bürogebäude „Prisma“, Leuchten aus dem Behrensbau in Düsseldorf oder Fassaden-Bauteile ehemaliger FAZ-Gebäude erstehen. Ursprünglich ging es jedoch mit einer anderen Plattform los: Erfahrung im Verkauf von gebrauchten Baumaterialien sammeln die späteren Gründer von Concular seit etwa zehn Jahren. Damals starteten Dominik Campanella, Julius Schäufele, Marc Haines und Ulrike Schock den Online-Marktplatz „restado“. Mit diesem erreichten sie vor allem Privatkundinnen und Kleinunternehmen. „Es ist ja nett, wenn man drei Türensind eine Art von beweglichen Barrieren, die verwendet werden, um Räume und Bereiche voneinander zu trennen oder zu schützen. Sie bestehen in der Regel aus Holz, Metall, Glas oder Kunststoff und können in verschiedenen Größen, Formen und Stilen hergestellt werden. Als Türen bezeichnet man in der Architektur Bauteile, die Öffnungen… aus einem Einfamilienhaus rettet. Aber es ist noch netter, wenn man 300 Türen aus einem Bürogebäude wieder in den Kreislauf bringt“, sagt von Reutern. Anfang 2020 gründeten Campanella, Schäufele und Haines dann Concular. Mit ihrem Startup richten sie sich an größere Projekte und alle Akteure der Baubranche. Hersteller und Architektinnen, Rückbauunternehmen und Immobilienbesitzerinnen – Concular möchte alle abholen und zusammenbringen, um Materialkreisläufe in der Baubranche zu etablieren und sie so nachhaltiger zu gestalten. Denn sie sind überzeugt: Es müssen alle mitmachen. „Das ist für uns wirklich die größte Herausforderung: alle unter einen Hut zu bringen, das Mindset der Leute von Linear zur Kreislaufwirtschaft zu transformieren“, sagt von Reutern. Zudem setzt sich Concular auch dafür ein, Standards zu etablieren: Das Start-up hat initiiert, die DIN SPEC 94184 zu erarbeiten. Diese soll ein einheitliches Verfahren beschreiben, um Baumaterialien vor Abbruch und Renovierungsarbeiten zu erfassen. Das Verfahren bildet dann die Grundlage, um das Anschlussnutzungspotenzial zu bewerten.
Ein Materialpass allein reicht nicht
Neben dem Standort Stuttgart hat Concular eine Zweigstelle in Berlin sowie Kolleginnen in mehreren deutschen
und einer österreichischen Stadt. In Berlin ist das Startup im „CRCLR-Haus“, heute bekannt unter dem Namen Impact HubHub: Ein Hub ist ein Verteiler für Netzwerkkabel und ermöglicht die Verbindung mehrerer Computer., untergekommen. „Das entspricht natürlich total unserer Philosophie“, sagt von Reutern. Was früher eine Lagerhalle der Kindl-Brauerei war, ist heute ein Co-Working-Space mitten in Berlin-Neukölln. In aufgestockten neuen Geschossen entstehen noch weitere Flächen und Wohnungen. Nach Planungen der Architektinnen und Architekten des Büros Die Zusammenarbeiter wurde das Bestandsgebäude saniert, umgebaut und aufgestockt; den Innenausbau setzten LXSY Architekten um. Die Planerinnen und Planer achteten auf eine zirkuläre Bauweise, und es kamen auch wiederverwendete Materialien zum Einsatz. Concular hat hier nur wenig beigetragen, lediglich ein paar Türensind eine Art von beweglichen Barrieren, die verwendet werden, um Räume und Bereiche voneinander zu trennen oder zu schützen. Sie bestehen in der Regel aus Holz, Metall, Glas oder Kunststoff und können in verschiedenen Größen, Formen und Stilen hergestellt werden. Als Türen bezeichnet man in der Architektur Bauteile, die Öffnungen…; damals war das Startup noch klein. Nun liefert es aber die Materialpässe für das Gebäude. Diese gehören zu der digitalen Seite des Ansatzes von Concular. In Materialpässen – bei dem Startup Life-Cycle-Passport genannt – lassen sich alle Informationen zu verbauten Materialien in einem Gebäude hinterlegen. So entsteht ein digitaler „Zwilling“. Das Angebot richtet sich sowohl an Bauherrinnen als auch Immobilienbesitzer. Die Daten können sie etwa für Berichte zur NachhaltigkeitNachhaltigkeit: die Fähigkeit, natürliche Ressourcen so zu nutzen, dass sie langfristig erhalten bleiben und keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt haben. Nachhaltigkeit in der Architektur – Gebäude, die die Umwelt schützen und gleichzeitig Ästhetik und Funktionalität bieten Nachhaltigkeit und Architektur sind zwei Begriffe, die heute mehr denn je miteinander verbunden… eines Gebäudes nutzen. Auch die Regierungsparteien möchten digitale Gebäuderessourcenpässe ein führen – das schrieben sie zumindest in ihren Koalitionsvertrag von 2021. Wie ein solcher Pass aussehen kann, dazu hat die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) in Abstimmung mit verschiedenen Akteuren einen Vorschlag erarbeitet und veröffentlicht. Die Idee des Gebäuderessourcenpasses ist, Informationen zu einzelnen Gebäuden festzuhalten – zu Ressourcennutzung, Klimawirkung und Kreislauffähigkeit, wie die DGNB schreibt. Dieses soll die Grundlage für eine Kreislaufwirtschaft im Bausektor schaffen. Der DGNB zufolge soll ihr Ressourcenpass an kommende Maßnahmen des Bundes oder auch der EU anschließen können, und für Zertifizierungen der DGNB kann man den Ressourcenpass ebenfalls anwenden. Mit dem Life-Cycle-Passport von Concular lässt sich der DGNB-Pass erstellen. Annabelle von Reutern verweist aber darauf, dass ein Materialpass für sich genommen noch nicht reiche, denn wenn nicht zirkulär geplant werde und Materialien nicht zerstörungsfrei ausbaubar seien, könne man am Ende wieder nur alles entsorgen. Der sogenannte „Circularity Performance Index“, den Concular entwickelt, soll stattdessen helfen, Gebäude zu bewerten. Der Index soll anhand mehrerer Faktoren aufzeigen, wie nachhaltig und zirkulär ein Bauteil oder Gebäude ist.
Digitales Materialdepot auf der Architekturbiennale
Besteht denn die Gefahr, dass der Ansatz von Concular ausgenutzt wird, Stichwort Greenwashing? Die Frage kommt häufig, sagt Annabelle von Reutern. „Das zeigt meiner Meinung nach die deutsche Mentalität ziemlich deutlich“, sagt sie. Denen, die Veränderungen vorantreiben, begegnet man nicht wohlwollend, sondern mit Skepsis. Und das macht sie wütend. „Das ist für mich wirklich erstaunlich: dass wir die Leute, die überhaupt anfangen, gleich kritisieren, weil sie vielleicht nicht alles perfekt machen. Aber sie machen immerhin etwas. Sie bewegen sich, sie gehen nach vorne, sie probieren aus, sie scheitern, sie probieren wieder aus. Und das feiere ich“, sagt sie. Deshalb seien sie bei Concular auch offen für alle, die an sie herantreten – auch große Konzerne, die bisher nicht als nachhaltige Unternehmen aufgetreten sind. Dass es Greenwashing gibt, das will sie nicht bestreiten. Concular möchte seine Partner über das Circularity-Partner-Programm aber bewegen, wirklich aktiv zu werden. In dem Programm sollen Unternehmen sich vernetzen können. Mitglied kann jedoch nur bleiben, wer innerhalb eines Jahres ein Projekt mit Concular umsetzt. „Wir wollen verhindern, dass wir Leuten einen grünen Anstrich geben, die nichts machen“, sagt von Reutern. Wie es weitergehen soll? Annabelle von Reutern nennt gleich mehrere, durchaus ambitionierte Ziele: dass Concular die Plattform für zirkuläres Bauen ist, dass gar nicht mehr anders gebaut werden darf als zirkulär. Außerdem den gesamten Bestand in Deutschland erfassen, „damit wir das Urban-Mining-Potenzial kennen, lange bevor ein Rück- oder UmbauUmbau ist ein Begriff, der sich auf die Veränderung oder Renovierung eines bestehenden Gebäudes oder Raums bezieht. stattfindet“. Kurz gesagt: Concular will die Branche radikal ändern. Bis sich diese Visionen vollständig erfüllen, mag es noch länger oder auch kürzer dauern. Bereits dieses Jahr ist Concular am Deutschen Pavillon auf der 18. Architekturbiennale in Venedig beteiligt. Unter dem Titel „Open for Maintenance – wegen Umbau geöffnet“ verwendet der deutsche Beitrag nur Materialien der Kunstbiennale aus dem vergangenen Jahr (siehe auch Baumeister 5/2023, ab Seite 46). Mit der Software von Concular werden diese Materialien erfasst. Sperrholzplatten unterschiedlichen Zuschnitts, Isoliermaterial, verschiedene Möbelstücke sind fotografiert, ihre Maße genommen, Zustände und Herkunft notiert. All diese Informationen lassen sich online einsehen, denn auch hier ist ein digitaler Zwilling entstanden – in diesem FalleEine Falle in der Architektur ist ein Mechanismus, der verwendet wird, um eine Tür, ein Fenster oder eine andere Öffnung in einer Position zu halten oder zu verriegeln. Es handelt sich meist um einen Bolzen oder ähnliches, der in eine entsprechende Aussparung greift. Die Falle verhindert, dass die Tür oder… des Depots. Die inventarisierten Materialien sollen gezielt weiter verwendet werden können. So wie sich Concular das auch für die gesamte Baubranche vorstellt. Es wird nicht das letzte Projekt gewesen sein, bei dem sie Materialien erfassen, Details aufnehmen und Kreisläufe schließen.
Nachhaltig Wohnen: Das Franklin Village in Mannheim von Sauerbruch Hutton ist eines der ersten größeren sozial und ökologisch entwickelten Projekte für Wohnraum in Deutschland.