26.08.2021

Wohnen

Rotes blaues Haus

In den Weiten des portugiesischen Alentejo verschmilzt die Casa Azul beinahe mit der Umgebung. Das alles beherrschende Rot des Hauses wiederholt die Töne der umgebenden Natur. Architekt Ricardo Bak Gordon kombiniert die Farbe mit einer formal strengen Architektur.

 

Foto: Francisco Nogueira

 

Gut hundert Kilometer südlich von Lissabon prägt eine sanfte Hügellandschaft die Umgebung der kleinen Stadt Grândola. Hier im Alentejo wächst wenig. Wenn es heiß wird, dominiert eine rötliche Farbe die Landschaft. Genau diese Farbe nimmt Ricardo Bak Gordon auf. Mit der Casa Azul hat er ein Haus entworfen und gebaut, das bis auf wenige Elemente rot wie der Erdboden ist. Dennoch hebt sich die Architektur deutlich von der Natur ab. Sie thront beinahe auf einem kleinen Hügel, von dem der Blick weit und frei schweifen kann.

 

Foto: Francisco Nogueira

 

Die kleine Stadt Grândola ist eine aufstrebende Kreisstadt. Früher lebte die Gegend von Landwirtschaft und Industrie. Heute profitiert die Stadt von einer schnellen Zugverbindung in die Hauptstadt Lissabon und nach Faro im Süden Portugals. Außerdem liegt die Atlantikküste nur etwa 30 Kilometer von Grândola entfernt. Das macht heute neben seinem großen Markt und einer großen Landwirtschaftsmesse die Attraktivität des Orts aus. Nicht zuletzt deshalb wachsen auch die Neubauviertel um den alten Ortskern herum stetig. Obwohl auch die Casa Azul neu gebaut worden ist, hat sie mit den Häusern in den Neubaugebieten nichts zu tun. Das „blaue Haus“ liegt inmitten der Hügellandschaft des Serra de Grândola. Hier, etwa zehn Kilometer von der Stadt entfernt, fand sich am Monte dos Patos der ideale Bauplatz für die Casa Azul.

 

Foto: Francisco Nogueira

Casa Azul – blaues Haus ganz rot

 

Am Hang des Monte dos Patos vermittelt die Casa Azul zwischen Himmel und Erde. Der Baukörper greift die Farbigkeit des Bodens auf und ragt von dort in das Blau des Himmels. Der Eingang zum Haus liegt in seinem Norden. Dort führt ein Weg zu einem Eingangshof. Von hier geht es in das Haus hinein oder an der Seite über eine Außentreppe auf die Terrasse hinauf. Bereits im Hof dominiert die rote Farbe. Sowohl die Natursteintreppe als auch der Bodenbelag fügen sich farblich in die Umgebung ein. Nur der Eingang ist weiß und sticht ebenso hervor, wie die weißen Rahmen der Fenster. Das Sockelgeschoss ist in das Gelände eingebettet. Auf diesem Sockel sind kubische, vor- und zurückspringende Baukörper gestapelt und bilden das Wohngeschoss.

 

Foto: Francisco Nogueira

 

Der Architekt Ricardo Bak Gordon vergleicht den Grundriss mit einem riesigen Wassertank, der an einer Wand befestigt ist. Aus der Flugperspektive lässt die Grundform der Casa Azul aber auch an einen Engel mit ausbreiteten Flügeln denken. Im Norden liegen die schmalen Beine und nach Süden entfalten sich die Flügel. Denn von dem im Norden liegenden, schmalen Eingangsbereich breitet sich das Gebäude gen Süden stufenförmig aus. Die Südfassade öffnet sich schließlich in voller Gebäudebreite mit leichtem Schwung zur Sonne, zur weiten Landschaft. Ihr vorgelagert ist eine Terrasse. Hier kehrt auch das weiße Elemente wieder. Der mittlere Teil der langen, geschwungenen Fassade setzt sich in weiß vom hellen Rot des restlichen Gebäudes genauso ab, wie der Pool.

 

Foto: Francisco Nogueira
Foto: Francisco Nogueira

Innen und außen Natur

 

Obwohl Blick und Weite locken, hat die Fassade nur wenige Öffnungen. Rechts und links der eingeschossigen Mitte ragen höhere Baukörper empor. Hier besitzt der Bau halboffene Räume. Diese „Freiluftwohnzimmer“ sind mit Maueröffnungen ausgestattet. Wie Fenster ohne Rahmen ermöglichen sie den Blick in alle Himmelsrichtungen. Die Decken der Freiluftwohnzimmer bestehen aus einem Geflecht als Sonnenschutz. Dagegen greifen Boden und Wände das Hellrot auf, das sich im gesamten Hauses findet. Je weiter man in das Innere des Casa Azul gelangt, desto privater werden die Räume. Sie gruppieren sich um einen kleinen, privaten, innenliegenden Patio, der zum Himmel offen ist.

 

Foto: Francisco Nogueira

 

Überall sind die Wände der Casa Azul mit kalkigem Mörtel verputzt. Er hat innen wie außen dieselbe rötliche Farbe. Das Gelände um die Casa Azul herum ist weitgehend naturbelassen. Hier ist nicht viel gepflanzt oder gestaltet. Unter den vorhandenen, alten Bäumen sind lediglich wenige skulpturale und dekorative Elemente angeordnet. Die Casa Azul liegt fast wie ein Findling auf unberührtem Terrain. Doch seine Architektur erzählt auch viel über das Klima vor Ort. Dicke Wände speichern die Kühle. Die kleinen Öffnungen in den Fassaden lassen nur wenig Sonne herein. Fraglos ist dem Architekten Ricardo Bak Gordon mit der Casa Azul ein großartiges und zugleich sensibles Stück Architektur gelungen.

 

Strenge Formen, gleißende Sonne. Auch die Casa Mérida in Mexiko von Architekt Ludwig Godefroy lebt von der Kombination dieser Elemente.

 

Foto: Francisco Nogueira
Foto: Francisco Nogueira
Foto: Francisco Nogueira
Foto: Francisco Nogueira
Foto: Francisco Nogueira
Foto: Francisco Nogueira
Foto: Francisco Nogueira
Foto: Francisco Nogueira
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