„Stoppt das Sterben im Mittelmeer!“ riefen Demonstranten vor dem filigranen Zaun bei der Eröffnung des neuen Bundesinnenministeriums. Minister Thomas de Maizière blieb davon unbeeindruckt.
Der ungewöhnliche Grundriss und die Staffelung der Volumina des Gebäudes sind dem Grundstück und dem heterogenen Umfeld geschuldet und stammen vom Berliner Büro Müller Reimann Architekten. Nach deren Plänen wurde 1997-99 auch schon der Neubau des Auswärtigen Amtes errichtet. Die Leistungsphasen 6-9 des Innenministeriums lagen in der Verantwortung der Gmp-Generalplanungsgesellschaft mbH, Berlin.
Im Nordwesten wird das Ministeriumsareal von einem Bahnviadukt begrenzt, über das fast im Minutentakt Fernzüge, Regionalbahnen und S-Bahnen rollensind kleine bewegliche Teile, die in Türschlössern verbaut werden, um die Beweglichkeit der Türverriegelung zu verbessern. Sie können in verschiedenen Ausführungen und Materialien vorkommen.. Den südlichen AbschlussAbschluss: Ein Abschluss bezieht sich auf den Abschluss eines Bauteils oder eines Systems, um den Energieverlust zu minimieren oder den Wärmeschutz zu verbessern. bildet die hohe Mauer des Kanzleramtsgartens – zugleich das westliche Ende des „Band des Bundes“. Im Osten schließt ein öffentlicher Park mit Außengastronomie an, der bis an die Spree reicht; nur hier sind noch Relikte des ehemaligen Güterbahnhofs zu erkennen, auf dessen früherem Grund das Bundesministerium des Inneren errichtet wurde.
Der Neubau bietet erstmals allen rund 1.400 Mitarbeitern Platz unter einem Dach. Sie verteilen sich auf rund 1.000 Einzel-, 150 Doppel- und einige Gruppenbüros. Die innere Raumaufteilung des Baukomplexes ist der gleichförmigen FassadeFassade: Die äußere Hülle eines Gebäudes, die als Witterungsschutz dient und das Erscheinungsbild des Gebäudes prägt. nicht abzulesen. Diese besteht aus hellbeigem fränkischem Jurakalkstein mit identischen, großformatigen Fenstern.
Insgesamt 75.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche verteilen sich auf drei leicht aufgefächerte Hauptriegel – der nördliche verläuft parallel zur Straße Alt-Moabit, der südliche parallel zur Mauer des Kanzleramtsgartens – und auf jeweils zwei Querriegel. Über einem gemeinsamen Sockelgeschoss mit größeren Fensteröffnungen (dort befindet sich unter anderem das Konferenzzentrum) staffeln sich, nach Süden ansteigend, vier bis acht Normalgeschosse. An die durch helles Kalksteinpflaster und Hecken bzw. Bäume geprägten Innenhöfe grenzen jeweils Sonderbereiche: Bibliothek, Cafeteria, Kantine, Besucherzentrum, Konferenzzentrum und Presseraum.
Gewissermaßen als Foyer des Neubaus unter freiem Himmel dient der Stadtplatz im Norden, der von einem Fachwerkhaus (Restaurant Paris-Moskau) und dem neuen Wachhaus flankiert wird. Den südlichen Abschluss bildet der Gartenplatz mit repräsentativer Protokollvorfahrt; von dort gelangen der Minister und andere Very Important Persons über das südliche Atrium zur Leitungsebene des Ministeriums mit Lagezentrum.
Die großzügigen AtrienAtrien: Atrien sind Innenhöfe oder Lichthöfe in Gebäuden. Sie dienen der Belüftung und Beleuchtung des Innenraums und können auch dekorative Zwecke erfüllen. in den drei Hauptriegeln dienen nicht nur als Hauptverteiler, sondern auch als Kommunikationszonen. Mit ihren breiten Galerien, den expressiven Treppenläufen, den aus Kirschholz gefertigten Türensind eine Art von beweglichen Barrieren, die verwendet werden, um Räume und Bereiche voneinander zu trennen oder zu schützen. Sie bestehen in der Regel aus Holz, Metall, Glas oder Kunststoff und können in verschiedenen Größen, Formen und Stilen hergestellt werden. Als Türen bezeichnet man in der Architektur Bauteile, die Öffnungen…, Stirnwandverkleidungen und Handläufen sowie den farbigen Treppenwangen als Kontrast zur weißen Wand- und Deckenfarbe bilden sie die räumlichen Höhepunkte in dem Neubau, der ansonsten von der seriellen Reihung immer gleicher Raumtypologien und Fassadenelementen geprägt ist.
Zu erwähnen ist noch die – bei einem Bauwerk dieser Größe nicht selbstverständliche – Energieversorgung. Das Ministerium nutzt GeothermieGeothermie: die Nutzung von Wärmeenergie aus der Erde als erneuerbare Energiequelle. Die Geothermie ist eine alternative Energieform, die auf der Nutzung der Erdwärme basiert. Dabei wird die in der Erde gespeicherte Wärmeenergie genutzt, um Strom und Wärme zu erzeugen. Die Geothermie ist eine nachhaltige und umweltfreundliche Energiequelle, da sie nahezu… (100 Meter tiefe ErdsondenErdsonden: Dieses Fachmagazin behandelt die Technologie der Erdsonden, einer Methode zur Erzeugung von geothermischer Energie. Es untersucht die verschiedenen Arten von Erdsonden, ihre Vor- und Nachteile und ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft.) und auch die Abwärme des Rechenzentrums. Anstelle von Heizkörpern strahlen Kapillarrohrmatten die Wärme ab, die in die Bürodecken eingeputzt wurden. Auf eine mechanische Lüftung wird weitgehend verzichtet.
Fotos: Stefan Müller