06.02.2022

Porträt

Zum Tod der österreichischen Lichtkünstlerin Brigitte Kowanz

Brigitte Kowanz

Brigitte Kowanz anlässlich der Verleihung des Deutschen Lichtkunstpreises 2018. Foto: Alfred Weidinger

Brigitte Kowanz, in den vergangenen Jahrzehnten eine der prägendsten Medienkünstlerinnen Österreichs, ist am 28. Januar verstorben. 2009 bekam sie den Großen Österreichischen Staatspreis verliehen. 2017 vertrat sie Österreich  bei der Biennale in Venedig. Besonders bekannt wurden ihre Lichtinstallationen im öffentlichen Raum.

Brigitte Kowanz
Brigitte Kowanz anlässlich der Verleihung des Deutschen Lichtkunstpreises 2018. Foto: Alfred Weidinger

Sie bespielte den österreichischen Pavillon in Venedig, lehrte an der Universität für angewandte Kunst in Wien und erhielt 2009 den Großen Staatspreis – die wichtigste Auszeichnung für Kunstschaffende in Österreich: Brigitte Kowanz. Am 28. Januar 2022 verstarb die Medienkünstlerin nach längerer Krankheit mit nur 64 Jahren. Mit ihren Arbeiten hat sie die europäische Lichtkunst seit den 1980er-Jahren entscheidend geprägt und galt zu den visionärsten Künstlerinnen Österreichs. In ihrem Schaffen reflektierte sie die Phänomene Licht und Schatten, Raum und Zeit sowie Schrift und Zeichen. Charakteristisch für ihre Arbeiten sind Neonlicht und Spiegel. Sie war eine der wenigen Frauen, die in diesem Feld langfristig und erfolgreich arbeitete.

Seit den 1980er-Jahren widmete sich Brigitte Kowanz, die am 13. April 1957 in Wien geboren wurde, der Visualisierung von Immaterialität und Flüchtigkeit des Lichts. Wie ihr älterer Bruder studierte sie an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien (Herbert Tasquil/Oswald Oberhuber, 1975 bis 1980). Seit 1997 lehrte sie selbst dann an dieser Institution als Professorin für „Transmediale Kunst“. Ursprünglich war sie als Malerin tätig. Sie stellte während ihres Studiums in der Avantgarde-Galerie nächst St. Stephan aus. Aber früh schon erforschte sie die Fähigkeiten des Lichts. Mit ihrem damaligen Partner, dem Konzeptkünstler Franz Graf, schuf sie Arbeiten auf Papier und Leinwand und entwickelte transparente Bildträger sowie selbstleuchtende Farben. Erste Lichtobjekte aus Leuchtstofflampen und Fluoreszenzfarbe entstanden. Einer ihrer ersten Auftritte war 1979 im Forum Stadtpark in Graz.

Die Lichtskulptur „Outline“ von Brigitte Kowanz, Foto: Wikipedia Commons, Robot8A

Neoninstallation für Österreichs Biennale-Pavillon

2017 vertrat Brigitte Kowanz gemeinsam mit Erwin Wurm Österreich auf der Biennale von Venedig. Hier schuf die Gegenwartskünstlerin eine viereinhalb mal neun Meter große Neoninstallation („Infinity and beyond“) und erweiterte damit den österreichischen Pavillon zu einem Tempel der Technologie. 1984 stellt sie dort als junge Künstlerin selbst das erste Mal in Venedig aus. 2018 wurde sie mit dem von der Robert Simon Kunststiftung vergebenen Lichtkunstpreis ausgezeichnet. Verknüpft mit der Auszeichnung war eine monografische Ausstellung der Künstlerin, die im Kunstmuseum Celle zu sehen war. 2018 erhielt sie den Deutschen Lichtkunstpreis. Einzelschauen in Eindhoven, München, Venedig, Berlin und Brüssel folgten.

Besonders bekannt sind ihre Lichtinstallationen im öffentlichen Raum. So gestaltete sie im Rahmen einer Ausstellung die Fassade des Uniqa-Towers in Wien. 2010 flimmerte hier ihr Spruch „Now I See“ am Wiener Donaukanal. Eine ihrer dauerhaften Intervention findet sich in Salzburg auf der Staatsbrücke Richtung Innenstadt: Über den Sockeln der vier Brückenköpfe errichtete Brigitte Kowanz semitransparente Spiegelkuben. Die Leuchtschrift darin erinnert an die Zwangsarbeiter, die die Brücke bauten. Arbeiten von ihr sind außerdem im Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna zu sehen. Zuletzt gestaltete sie mit Laurids Ortner und Eva Schlegel die Dachterrasse des Wiener Leopold Museums, die 2020 eröffnet wurde. Ihre „Libelle“ akzentuiert die Plattform. Die große Installation aus schwebenden Lichtkreisen ist weithin in Wien im Dunkeln sichtbar. Häuser und Interieurs brachte Brigitte Kowanz durch Licht zum Verwinden, löste Kanten und Ecken auf, damit auch Grenzen.

„Lichtpartitur“ in München, Foto: Wikipedia Commons, Rufus46

Trauer um Brigitte Kowanz

Bis zuletzt hat Brigitte Kowanz gearbeitet. Derzeit sind ihre Arbeiten in Gruppenausstellungen in der Albertina Modern, dem Belvedere 21 oder in der Landesgalerie Niederösterreich gezeigt. Für April 2022 ist eine große Ausstellung mit den Werken der Lichtmeisterin im Schlossmuseum in Linz geplant. 2010 widmete ihr das mumok eine große Retrospektive mit frühen Arbeiten. Im vergangenen September hätte Brigitte Kowanz den Ehrenring der Universität für angewandte Kunst Wien erhalten sollen. Der Festakt wurde jedoch pandemiebedingt abgesagt.

Wiens Kunstszene trauert. „Wir verlieren eine Künstlerin von Ausnahmeformat, deren konsequent entwickeltes Werk sich solitär in der Kunst der Gegenwart behauptet und die eben erst neue, malerisch gedachte Ansätze ihrer Lichtkunst auszuarbeiten begonnen hat“, äußerte sich Belvedere-Chefin Stella Rollig. „Brigitte Kowanz war als Künstlerin sowie als kluger, liebenswerter und einfühlsamer Mensch eine Bereicherung im Leben aller, die sie persönlich kennen durften“. Österreich verliere eine seiner prägendsten Künstlerinnen, zollte auch Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler der verstorbenen Künstlerin Respekt: „Ihr ist die Erweiterung des Bildbegriffs in Richtung Licht zu verdanken. Licht und Schatten, Raum und Zeit – diese Phänomene wusste Kowanz auf einzigartige Weise zu reflektieren. Dem bahnbrechenden Werk entsprechend erhielt die Künstlerin internationale und nationale Anerkennung für ihren medienübergreifenden Kunstansatz.“

Installation an der Salzburger Staatsbrücke, Copyright: Salzburg Foundation, Sammlung Würth
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