In Bernau bei Berlin steht mit der ehemaligen ADGB-Bundesschule eines der Hauptwerke des Bauhauses. Nun haben Steimle Architekten ein neues Besucherzentrum neben der Welterbestätte errichtet. Das lohnt einen Besuch um so mehr.
In Bernau bei Berlin steht mit der ehemaligen ADGB-Bundesschule eines der Hauptwerke des Bauhauses. Nun haben Steimle Architekten ein neues Besucherzentrum neben der Welterbestätte errichtet. Das lohnt einen Besuch um so mehr.
Das Werk von Hannes Meyer, zweiten Bauhausdirektor, stand immer im SchattenSchatten: Eine dunkle oder abgedunkelte Fläche, die durch Abschattung oder Blockierung des Tageslichts entsteht. seines übermächtigen Vorgängers Walter Gropius und seines nicht minder bedeutenden Nachfolgers Ludwig Mies van der Rohe. Linker in seinen politischen Positionen als Gropius, sah er die Aufgabe des Bauhauses wesentlich stärker darin, Produkte und Architektur für die unteren Einkommensschichten zu entwerfen. „Volksbedarf statt Luxusbedarf“ lautet die berühmte Parole, die stets mit seiner Meyers Leitung in Verbindung gebracht wird. Nach seiner Tätigkeit am Bauhaus übersiedelte Meyer einige Jahre in die Sowjetunion. All das mag dazu beigetragen haben, dass man die Ära Meyer in der „bundesrepublikanischen“ Kunstgeschichte eher als Fußnote behandelte.
Nicht zuletzt lässt sich das Wertschätzungsgefälle zwischen Gropius und Mies einerseits sowie Meyer andererseits am Schicksal von Meyers‘ Hauptwerk ablesen. Zwischen 1928 und 1930 errichtete er gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Hans Wittwer für den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund die ADGB-Bundesschule in Bernau bei Berlin. An der Stellung von Meyers Entwurf hat nie ein Zweifel bestanden. Seine Schule ist längst Kernbestand jeder Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Doch erst 2017 entschied man sich dazu, Bernau zum Teil des Weltkulturerbes „Das Bauhaus und seine Stätten“ zu machen. Zum Vergleich: Gropius‘ Dessauer Bauhausbauten hatten bereits 1996, Mies‘ Haus Tugenhat 2001 und Gropius‘ Fagus-Werk 2011 den Status als Weltkulturerbe verliehen bekamen.
Der Schulbau ist deshalb auch immer noch die „große Unbekannte“ unter den Inkunabeln des Neuen Bauens. Inzwischen bemüht sich allerdings die Stadt Bernau darum, die ehemalige ADGB-Bundesschule ein wenig mehr ins Rampenlicht zu rücken. Voraussetzung hierfür bildeten die umfangreichen Restaurierungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen, die in den Jahren 2003 bis 2007 durchgeführt wurden. Dabei standen Denkmalschützer und Architekten vor der Aufgabe zu bewerten, inwieweit der Erbauungszustand wiederhergestellt, in welchem Umfang spätere Ergänzungen sichtbar gelassen werden sollten.
Denn in den Fünfzigerjahren hatte der FDGB das Kernensemble großflächig ergänzt, weil die hier untergebrachte Gewerkschaftsschule mehr Fläche benötigte. Dabei wurden wesentliche Bestandteile von Meyers Entwurf vernichtet. Die wenn auch nicht völlig qualitätlosen, so doch behäbig-neoklassizistischen Ergänzungen haben leider die kompromisslos funktionalistische Eingangsseite der ADGB-Bundesschule vernichtet. Dagegen wurde im Innern Meyers großartiger Speisesaal samt anschließendem Wintergarten rekonstruiert werden. Bei den Nachkriegs-Umbauten war aus dem lichten Raum mit seiner sichtbar gelassenen Tragstruktur aus Beton eine Kantine im Stil muffigster DDR-Spießigkeit geworden.
Gegenüber dem Eingangsbau zur ehemaligen ADGB-Bundesschule aus den Fünfzigerjahren haben nun Steimle Architekten aus Stuttgart ein neues Besucherzentrum errichtet. Im Februar 2022 hat es eröffnet. Das Besucherzentrum schafft nun einen attraktiven Anlaufpunkt für alle, die die Welterbestätte besichtigen wollen.Die Architekten haben einen archetypischen Pavillonbau errichtet und knüpfen damit an das Erbe des Bauhauses und der Vorkriegsmoderne an. Beinahe alle Außenwandflächen sind in GlasGlas ist ein transparentes, sprödes Material, das durch Erhitzen von Sand, Kalk und anderen Inhaltsstoffen hergestellt wird. Es wird oft in der Architektur verwendet, um Fenster, Türen, Duschen und andere dekorative Elemente zu kreieren. Glas ist langlebig, stark und vielseitig, und kann in verschiedenen Farben und Texturen hergestellt werden…. aufgelöst. Erkennbar zeitgenössisch zeigt sich der Pavillon dagegen mit seinem weit auskragenden Dachüberstand vor der Eingangsfront. Die massiv wirkende Dachkonstruktion aus Dämmbeton wird von filigranen Metallrundstützen, die den Glasfassaden vorgestellt sind, auf den tragenden Innen- und Außenwänden austariert.
Den länglich-rechteckigen Grundriss gliedern Steimle Architekten entlang der Längsachse zwei Bereiche. Auf der Ostseite mit Blick auf die ADGB-Bundesschule wird die offene Fläche als Ausstellungsbereich nicht weiter unterteilt. Auf der Westseite ist dagegen ein langgezogene Raumsequenz, die Architekten sprechen von einer Spange, in den Pavillon eingestellt. Die Spange nimmt die notwendigen Nebenräume wie Sanitäranlagen und Büros auf, aber auch Ausstellungskabinette und einen Filmraum für Vorführungen.Im Pavillon erläutert eine Dauerausstellung den Besuchern die Stellung der ADGB-Bundesschule innerhalb der Entwicklungsgeschichte des Bauhauses und im Lebenswerk von Hannes Meyer. Die Schau beleuchtet auch Meyers Biografie und sein weiteres Schaffen. Außerdem erfahren die Besucher, vor welchem Hintergrund die Bundesschule entstand und welche Aufgaben sie im Bildungsprogramm des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes übernahm.
Eine weitere wichtige Funktion des Neubaus: Hier können sich Interessierte zu Führungen durch den historischen Komplex anmelden. Ein kleiner Bookshop vervollständigt das Angebot. Zukünftig sollen Workshops und Vorträge das Angebot ergänzen. Aufgrund der Corona-Pandemie hat das neue Besucherzentrum im Februar ohne große Feierlichkeiten eröffnet. Wieder einmal scheint das Schicksal dem Nachruhm von Hannes Meyer nicht besonders gewogen. Dennoch: Sowohl die ADGB-Bundesschule als Meilenstein der modernen Architektur als auch der schöne neue Pavillon von Steimle Architekten lohnen den Ausflug vor die Torebezeichnet eine Öffnung in einer Wand oder einem Zaun, die durch ein verschließbares Element begrenzt wird. Im Allgemeinen dienen Tore dem Schutz vor unbefugtem Zugriff und können unterschiedliche Größen, Formen und Bedienungssysteme haben. Berlin unbedingt.
UNESCO-Welterbe Bauhaus
Besucherzentrum Bernau
Hans-Wittwer-Str. 1
16321 Bernau bei Berlin
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag:
10:00 – 17:00 Uhr
Auch interessant: Der Ilulissat-Eisfjord ist Unesco-Weltnaturerbe. Dorte Mandrup hat dort ein neues Informationszentrum errichtet.