Es ist nicht unsere Art, kurz vor Schluss einer Ausstellung noch schnell einen Besuch derselben zu empfehlen. Trotzdem müssen wir als Redaktion hier eine Ausnahme machen. Denn der Berliner Künstler Michael Beutler hat seit Mitte April die große historische Halle des Berliner Hamburger Bahnhofs in eine Werkstatt verwandelt und dort mit einem kleinen Team eine Reihe von Skulpturen hinein gebaut – übrigens nur von Hand und ganz ohne Strom. Michael Beutler stellt sein Baumaterial selbst her; industriell gefertigte oder verarbeitete Materialien wie Papier, Metall, HolzHolz: Ein natürlicher Werkstoff, der zur Herstellung von Schalungen und Gerüsten genutzt werden kann. Es wird oft für Bauvorhaben im Bereich des Holzbaus verwendet. oder KunststoffeKunststoffe: Kunststoffe werden in der Fassadentechnik für verschiedene Bauteile eingesetzt, z.B. für Fensterrahmen oder Plattenmaterialien. Sie sind leicht, robust und einfach zu verarbeiten. werden von ihm und seinen Mitarbeitern mit eigens entwickelten Werkzeugen und Apparaten, die in der Halle zu besichtigen sind, zu raumgreifenden Bauelementen geformt. So gleicht seine Kunst einer Versuchsanordnung mit ungewissem Ausgang, was Beutler als notwendigen, produktiven Bestandteil seiner Arbeit begreift.
So entstanden etwa aus papierbespannten Bewehrungsmatten wunderbar durchscheinende, zarte Architekturen, mit großen Bögen als Echo auf die alte Eisenkonstruktion der Halle. Die Gehäuse und Möbel sind betret- und benutzbar: In der Mitte des Saals steht zum Beispiel die raumhohe Skulptur „Pequod“, eine Art Karussell, in das die Besucher einsteigen und das sie mit der Hand antreiben können – fantastisch, wie durch Elemente, die stehen bleiben, und solche, die sich mit im Kreis bewegen, die Welt ins Trudeln kommt.
Die Ausstellung „Michael Beutler. Moby Dick“ findet noch bis 6. September im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin statt.
Fotos: Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie/Thomas Bruns