Berliner Abriss-Atlas
Als im Süddeutschen ansässiger Architekturschreiber ist man gut beraten, sich zur Berliner Realität nur vorsichtig zu äußern. Die Sensibilität der Hauptstädter ist groß, schnell verbietet man sich unberufene Kommentare der Provinzler.
Das Schöne am gerade veröffentlichten neuen „Abriss-Atlas Berlin“ ist es insofern, dass hier Berliner Autoren ihre eigene Stadt zerlegen. Ich bin also auf der sicheren Seite, wenn ich sage: Das Buch aus dem Mitte Rand Verlag ist auch in seiner zweiten Runde wieder extrem lesenswert und bereichernd. Nicht nur macht es erneut Freude, gesammelte Grausamkeiten rund um neokonservative Illusionen und architektonische Ideenlosigkeit kurzkritisch vorgeführt zu bekommen. Das Buch ist trotz aller Kritikerattitüde auch wieder angenehm selbstironisch – und auf selbstironische Weise größenwahnsinnig. So ist es eben leicht, Henns Zalando-Hauptquartier im Feierbiest-Weltzentrum Friedrichshain niederzumachen. Aber sehr lustig ist der Schwenk im letzten Satz, in dem die Autorin Anne Waak fordert: Macht Friedrichshain doch gleich ganz platt. Da spricht offenbar jahrelanges Leiden an Legionen hysterisch fröhlicher Party-Studenten aus ihr.