27.03.2020

Portrait

Der heimliche Softie – Nachruf auf Michael Sorkin

Michael Sorkin verstarb im Alter von 71 Jahren


“Disney-Weltreich” Times Square

Am Donnerstag, 26. März starb der US-Amerikanische Architekt Michael Sorkin in New York an den Folgen einer Corona-Virus-Infektion. Der 71-Jährige lehrte an Universitäten, gründete den Planungsverein Terreform und leitete sein eigenes Architekturbüro. Seine Arbeit führte ihn auch nach Deutschland.

Michael Sorkin war die wichtigste konträre Stimme der New Yorker Architekten- und Stadtplanerszene. Der 71-jährige Professor für Architektur und Urban Design beim City College, Kritiker der Zeitschriften The Nation und Architectural Record und Präsident des Planungsvereins Terreform war zuletzt Vorstand des Michael Sorkin Studio. Am 26. März starb Sorkin in einem New Yorker Krankenhaus an den Folgen des Corona-Virus.

Der eloquente, energetische Sorkin, der aus Washington stammt, hat in Chicago, am MIT und der Columbia University in New York studiert; er wurde durch sein Buch “Exquisite Corpse. Writings on Buildings” bekannt. In der linken Village Voice schrieb er gegen den Umbau von New York in ein Investorenparadies an; in “Variations in a Theme Park” sah den Times Square als Teil eines “Disney-Weltreichs”. Er plante auch Gegenentwürfe; etwa für das industrielle Ufer in Brooklyn. Nach 9-11 gab er (mit Sharon Zukin) das Buch “After the World Trade Center: Rethinking New York City” heraus, wo er dafür plädierte, über das Areal als Kulturort nachzudenken.

Libertäre Utopien

Sein Studio expandierte bald nach Kalifornien und Mexiko. Sorkin, selbst säkularer Jude, entwarf einen Masterplan für Ost-Jerusalem als Hauptstadt von Palästina als Geste des Friedens. Ein Schwerpunkt war China, wo er unter anderem den Qingtan Lake Eco Science and Tech Park in Wuhan plante  — das Zentrum der Corona-Epidemie. In Deutschland beteiligte er sich an den Wettbewerben für die Spreeinsel und den Spreebogen in Berlin und entwarf Masterpläne für Hamburg und Schwerin. Er mischte sich auch in Debatten ein; so attackierte er Léon Kriers Buch über Albert Speer.

Sorkin Tod war ein Schock für die New Yorker Architektenszene. Der Architekturkritiker der New York Times, Michael Kimmelman nannte ihn einen begabten, scharfsinnigen und bissigen Autor und einen “heimlichen Softie”. Sein kalifornischer Mitstreiter Mike Davis schrieb, Sorkin habe die libertären Utopien wiederbelebt, die die Seele der modernen Architektur waren.

Michael Sorkin verfasste für den B5/2011 einen Artikel über Frank Gehrys 8 Spruce Street. Sie können diesen hier lesen.

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