Das letzte mal habe ich über Oslo und die ersten Eindrücke und Erfahrungen in dieser schönen Stadt berichtet, heute möchte ich mehr über das Büro und den Arbeitsalltag bei Helen & Hard erzählen.
Es sind nun bereits mehr als drei Monate vergangen, seitdem ich im Büro von Helen & Hard arbeite. Ich habe mich inzwischen gut im kalten Norden eingelebt, habe mich langsam an die Preise und die immer kürzer werdenden Tage gewöhnt, mein Norwegisch lässt leider noch zu wünschen übrig.
Das Büro wurde ursprünglich in Stavanger gegründet und hat nun bereits seit drei Jahren die Hauptstadt Norwegens als Zweitsitz. Vor einem Jahr ist das Büro umgezogen und seitdem wird hier im achten Stockwerk eines mittelhohen Gebäudes mitten im Herzen Oslos gearbeitet. Zur Zeit sind wir vier Architekten und vier Praktikanten, die alle mehr oder weniger zur selben Zeit, vor zwei bis drei Monaten, angefangen haben.
Obwohl wir eine eher kleine Gruppe sind, werden im Büro vier verschiedene Sprachen gesprochen: Norwegisch, Englisch, Deutsch und Schwedisch, je nachdem wer sich gerade unterhält, und am Telefon wird auch öfters Spanisch gesprochen. Ich bin sehr froh in einem kleinen, internationalen Büro zu Arbeiten, da dies meiner Meinung nach sehr zu dem angenehmen, familiären Arbeitsklima beiträgt, das hier in Oslo herrscht.
Da das neue Büro erst „vor kurzem“ – im stressigen Alltag eines Architekten kann ein Jahr durchaus wie im Flug vergehen – bezogen wurde, stehen noch einige Umzugskisten an der Wand. An dieser soll bald ein neues Regalsystem aus Birkenholz stehen, das gemeinsam im Büro entworfen und für die verschiedenen Bedürfnisse präzisiert wurde. Es wird dann Platz für Bücher, Modelle und Materialproben bieten aber auch mehrere Arbeitsplätze beinhalten. Eine der ersten Aufgaben, an der wir neuen Praktikanten mitgearbeitet haben, wird also schon bald zur Ausführung kommen. Auch wenn es sich dabei “nur” um einen Möbelentwurf handelt, sind wir trotzdem stolz und schon sehr gespannt wie sich das in Zeichnungen und im 3D-Modell erarbeitete Design in der Realität macht.
Am Mittagstisch wird oft über gesundes Essen, Training und Naturausflüge gesprochen – was den typischen Norweger eben so interessiert. Mit dem Satz “Takk for maten” wird sich für das Essen bedankt und die Arbeit fortgesetzt.
Das Büro in Oslo ist gerade hauptsächlich mit zwei Studentenwohnungen und zwei großen städtebaulichen Projekten beschäftigt. Erstere befinden sich bereits in der Ausführungsplanung, zweitere stehen noch am Anfang in der Entwurfsplanung.
Anfangs habe ich an einem der beiden Städtebauprojekte mitgearbeitet. In einer kleinen Kommune nördlich von Oslo soll ein neues Stadtzentrum entstehen und der Bestand verdichtet werden. Da sich dieses Projekt wirklich ganz am Anfang befand, ging es erstmal darum das Dorf, seine Gebäude und Straßen zu erkunden und zu analysieren. Anhand dieser Analysen wurden dann erste Ideen gesammelt und weiterentwickelt.
Bei einem der Studentenwohnungen ging es zunächst um das Reinzeichnen der Pläne, dann um die Gestaltung des Außenraumes und den Entwurf eines Spielplatzes.
Seit circa einem Monat bin ich jetzt fast ausschließlich in das zweite Städtebauprojekt involviert, was schon etwas weiter in der Entwurfsphase vorangeschritten ist. Hier wird eine Stadt an der Peripherie Oslos durch den Ausbauumfasst alle Arbeiten, die nach der Rohbauphase durchgeführt werden müssen, damit ein Gebäude bewohnbar oder nutzbar wird. Dazu gehören beispielsweise das Verlegen von Elektro- und Sanitärinstallationen, das Verputzen der Wände und das Verlegen von Bodenbelägen. des Bahnnetzes näher an das Stadtzentrum angebunden, was steigende Einwohnerzahlen erwarten lässt. Um diesen gerecht zu werden, sollen neue Wohn- und Bürogebäude, Kindergärten, Plätze und Grünflächen entstehen.
Für die Norweger ist ihre Freizeit heilig und meistens wird der Arbeitstag pünktlich und höflich mit einem “Takk for idag” (Danke für den heutigen Tag) beendet.
Was für mich eine der spannendsten Erfahrungen bis jetzt darstellt, ist zu sehen wie die Architekten jeweils in den verschiedenen Planungsphasen arbeiten. Worauf wird geachtet? Welche Arbeitsmittel und Darstellungsweisen werden wann genutzt? Wer ist in den verschiedenen Phasen involviert? Wie entwickelt sich ein grober Entwurf langsam zu einem großen, stimmigen Gesamtkonzept?
Das Praktikum hier hat mich nach dieser kurzen Zeit schon sehr bereichert und mir viele Fragen über das reale Arbeitsumfeld eines Architekten beantwortet, trotzdem bleibt noch viel zu lernen und zum Glück ja auch noch etwas Zeit.
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