Autorin: Julia Treichel
Richard Neutra und seine Entwurfsphilosophie im Einklang mit der Natur
Er zählt zu den wichtigsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Viele seiner Gebäude gelten Architekturinteressierten heute als Pilgerstätten. Immerzu sind seine Arbeiten geprägt von einer engen Verknüpfung zwischen Mensch und Natur. Man könne den Menschen nicht unabhängig von der Natur denken. Dort habe er sich entwickelt und dort fühle er sich folglich auch zuhause. „Man stelle den Menschen in eine Verbindung zur Natur. Dort hat er sich entwickelt, und dort fühlt er sich besonders zu Hause. Aus dieser Folgerung begründete Richard Neutra seine Entwurfshaltung. Durch seinen kühl-eleganten Stil gelang es ihm, die Baukunst der Nachkriegsmoderne entscheidend mitzugestalten. Denn Technologie und Ästhetik gehen in seinen Entwürfen ebenso selbstverständlich Hand in Hand wie Wissenschaft und Natur. Durch dieses besondere Talent wurde er zu einem der bedeutendsten Architekten der Moderne.
Werdegang des Architekten Richard Neutra
1892 wurde Neutra in Wien im damaligen Österreich-Ungarn geboren. Zunächst begann er seine Ausbildung an der Technischen Hochschule Wien. Ab 1912 lernte er hier unter anderem von Adolf Loos. Später erweiterte er sein Repertoire in der Schweiz durch Studien der Gartenarchitektur und Entwurfsseminare an der ETH Zürich. Nachdem er in den 1920er Jahren zunächst in einem Architekturbüro in Berlin und dann am Stadtbauamt Lückenwalde, 50km südlich von Berlin tätig war, siedelte er 1923 mit seiner Frau in die USA über. Durch Adolf Loos war seine Begeisterung für US-Architektur – und im Besonderen für die Bauten Frank Lloyd Wrights – geweckt worden. Nur wenige Jahre später verbrachte er auf persönliche Einladung von Wright hin, einen mehrmonatigen Aufenthalt bei diesem in Wisconsin. Mit seinem Umzug nach Los Angeles im Jahre 1925 begann dann eine neue Epoche seiner Arbeit. Als Mitarbeiter in Rudolph Schindlers Büro festigte Richard Neutra seine architektonischen Vorstellungen.
Mehr zu Frank Lloyd Wright lesen Sie hier.
Entwurfsmerkmale in Neutras Projekten
Die ultramodernen Villen, die er entwarf, machten ihn bald zu einem der gefragtesten Architekten Nordamerikas. Sie gelten bis heute als Inbegriff des modernen Internationalen Stils. Große Glasfassaden und spiegelnde Wasserflächen sind beispielsweise Merkmale von Neutras Entwürfen. Außerdem die fließenden Übergänge zwischen Innen- und Außenraum. Weiterhin leichte Metallkonstruktionen, die helle und durchlässige Raumkompositionen ermöglichten. Schließlich gliedern sich seine Villen stets auf ihre Weise in die Landschaft ein. Dabei entstehen durch die Kombination von geometrischen Formen mit der natürlichen Umwelt spannende Kontraste. Gleichzeitig legte Richard Neutra Wert auf die Lebensrealität der Bewohner*innen. Er wollte seinen Bauherr*innen keine Gestaltung aufzwingen. Vielmehr entwickelte er Bauwerke nach deren individuellen Vorstellungen. Sein Werk umfasst neben den kalifornischen Villen auch andere Beispiele. So entwickelte Neutra in Walldorf bei Frankfurt am Main beispielsweise eine gesamte Wohnanlage. Auch in Quickborn bei Hamburg entstand eine durchkonzipierte Siedlung nach seinem Entwurf.
Relevanz von Richard Neutras Werk für die Nachwelt
Sie sind als architektonische Meisterleistungen im Nachkriegseuropa anzusehen. Denn es gelingt Neutra seine Entwurfsprinzipien auf kompakte Grundrisse zu verdichten. Neben seinen Bauten, hinterließ Richard Neutra auch zahlreiche Publikationen. Weiterhin hielt er Zeit seinen Lebens Vorträge an diversen Instituten. Die Uni Graz ernannte ihn 1950 zum Doktor h.c.. Darüberhinaus verlieh die Stadt Wien ihm 1958 den Preis der Stadt für Architektur. 1967 folgte der Ehrenring der Stadt Wien. Und dies obwohl sich sein Werk in Österreichs Hauptstadt auf nur ein realisiertes Projekt beschränkt: 1932 entwarf er ein Haus für die Werkbundsiedlung Wien. In seiner Geburtsstadt Wien verbrachte Neutra auch seine letzten Lebensjahre. 1970 verstarb er dann während einer Vortragsreise in Wuppertal. Die Geschicke des Büros in Los Angeles hatte sein Sohn hatte bereits vor Neutras Tod übernommen. Er führt dieses im Geiste seines Vaters weiter. Somit bleibt Richard Neutras architektonisches Erbe unvergessen.