09.09.2015

Wohnen

Gewinner Häuser des Jahres 2015

Erster Platz: Behauste Scheune von Bernardo Bader Architekt

 

Architektur ändert sich glücklicherweise nicht so rasch wie Damenmode oder Autodesign. Dennoch verführt der alljährlich, nunmehr zum fünften Mal ausgelobte Preis „Häuser des Jahres“ unvermeidlich dazu, die turnusmäßige Ausbeute zu bilanzieren: Was war anders? Gibt es Tendenzen, Schwerpunkte, Entwicklungen auszumachen? Setzen sich Bauweisen, Typologien oder bestimmte Materialien durch? Aber das Verfallsdatum muss man noch suchen.

Dennoch entdeckt die Jury jedes Jahr ein subjektives Bild, wie man in Österreich, der Schweiz und in Deutschland wohnt, zumindest wie sich das Wohnen auf den eingereichten Arbeiten abbildet. In manchen Jahren waren es Vorlieben für bestimmte Möbel, die immer wieder wie verabredet auf den Fotos auftauchten. Gerne auch Kinder, die der aufgeräumten neuen Umgebung ungeniert den Beweis wohnlich-legerer Familienfreundlichkeit geben sollten. In diesem Jahr hatten die Fotografen den Hund entdeckt. Als dankbares Requisit durfte er immer wieder auf Terrassen liegen, Kaminplätze okkupieren oder als pelziger Gefährte in der geradlinigen Räson der Architektur kuscheln. Dies nur als beiläufige Beobachtung.

Tragende und speichernde Betonkerne

 

Was uns dagegen an den Häusern der 225 abgegebenen Beiträge aufgefallen ist, war die solide Qualität. Es gab weniger avantgardistische Ausreißer, aber auch weniger durchschnittliche Arbeiten, deren Verfasser nur mal auf gut Glück eine Einreichung probiert hatten. Beherrschend war ein Mittelfeld aus gelungenen Häusern, die man sich an vielen (anderen) Orten wünschte. In ländlichen Gegenden wurde häufig auf eine Gartenanlage verzichtet, man wollte das Artefakt Haus bewusst in die unveränderte und weiter gedeihende Natur platzieren. Die Baubeschriebe dokumentierten einen hohen Standard, es ist inzwischen fast unnötig, auf bestimmte Dämm- oder Heizkoeffizienten eigens hinzuwiesen. Wenn es irgendwie geht, versuchen Architekten, die Schlichtversion eines Wärmedämmverbundsystems zu vermeiden. Handwerklichkeit ließ sich oft glaubhaft an den gestochen scharfen Fotos ablesen. Toleranzfugen und Leisten werden zunehmend von nahtlosen Anschlüssen abgelöst. Natürliche, massive Materialien ersetzen synthetische Baustoffe. Klar, Zementestrich oder Eichendielen – kann sich noch jemand an PVC-Böden oder Teppichfliesen erinnern? Bauherrschaften, die sich mit ihren subjektiven Wohnwünschen an einen Architekten wenden, sind wohl weniger für das Heimwerkersortiment der Baumärkte anfällig. Was außerdem bei den (natürlich willkürlichen) Einreichungen auffiel, ist die zunehmende Wohnfläche. Die 46 Quadratmeter pro Person wird die Statistik bald um zehn Quadratmeter nach oben korrigieren.

Zu unseren eigenen prosaischen Angaben: Wie immer werden die ausgewählten 50 Beispiele nachvollziehbar vorgestellt. Professionelle Innen- und Außenaufnahmen zeigen jedes Objekt von seiner besten Seite, daneben stehen die Pläne der Architekten sowie Gebäudedaten und Projektbeschreibungen als wissenswerte Hintergrundinformation. Die Grundrisse und Schnitte sind bis auf wenige Ausnahmen im Maßstab 1: 200 wiedergegeben. Das heißt: 1 Zentimeter im Plan entspricht 2 Metern in der Wirklichkeit. Um die Einbindung des Gebäudes in das städtebauliche Umfeld sowie seine Orientierung und Situation auf dem Grundstück zu verstehen, ist jeweils ein nicht maßstäblicher, genordeter Lageplan abgebildet. Das beschriebene Haus ist dort farblich hervorgehoben.

Die Gebäudedaten, soweit einheitlich zu ermitteln, fassen die wichtigsten Merkmale übersichtlich zusammen: Sie geben Auskunft über Grundstücksgröße, Wohn- und Nutzfläche, Anzahl der Bewohner, Bauweise, Baukosten, Energiekennwerte sowie das Baujahr. Alle Kostenangaben verstehen sich, soweit nicht anders angegeben, im Sinne der DIN 276 als sogenannte reine Baukosten inklusive der jeweiligen Mehrwertsteuer. Nicht enthalten sind die Grundstücks-, Erschließungs-, Bauneben- und Finanzierungskosten sowie das Architektenhonorar. Bei einigen Projekten werden die Baukosten auf Wunsch der Bauherrschaft nicht veröffentlicht.

Fakten zum Wettbewerb

Zum fünften Mal lobte der Callwey-Verlag in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Architekturmuseum und der Unterstützung des Informations-Zentrum Beton sowie Kaldewei den Wettbewerb „Häuser des Jahres – die besten Einfamilienhäuser“ aus. Die Jury erkor im Februar 2015 aus 225 Einreichungen 50 Projekte und benannte aus diesen einen Preisträger und sechs Anerkennungen. Dabei wurde Wert auf Nachhaltigkeit, innovativen Einsatz von Materialien, kreativen Umgang mit der baulichen Situation und auf konsequente Ausführung gelegt. Das Buch zum Wettbewerb präsentiert diese 50 besten Häuser – mit zahlreichen Fotos, Lage- und Architektenplänen und aussagekräftigen Projektbeschreibungen aus der Feder von Wolfgang Bachmann, Publizist und ehemaliger Herausgeber des Architektur-Magazins Baumeister. Und der in Moskau geborene deutsche Bestsellerautor Wladimir Kaminer, steuert die Einleitung bei.

Den mit 10.000 Euro dotierten ersten Preis gewann Bernardo Bader Architekt aus Dornbirn in Österreich mit seinem Projekt „Behauste Scheune“. Die Jury war begeistert von diesem
selbstverständlichem, im Detail aber meisterhaft geprägtem Haus, welches unter anderem durch die geschickte Verwendung nachhaltiger Materialien überzeugt. In den Bodendielen lässt sich wiederverwendetes Holz aus dem ehemaligen Bauernhaus finden, das Holz der Fassade stammt aus dem nahegelegenen Wald und im Inneren dann eine Art „Tisch“ aus Sichtbeton, der die tragende Decke und Wänden umfasst und als massiver Speicher die Wärme der Fußbodenheizung aus Erdwärme aufnimmt.

Erster Preis

Bernardo Bader Architekt, Dornbirn (A), für das Projekt „Behauste Scheune“

Anerkennungen

Pedevilla Architects, Bruneck (I), für das „Einzelstück“ (Mühlen in Taufers)
L3P Architekten, Regensberg (CH), für den Weinstockbau (Dielsdorf CH)
Marazzi Reinhardt, Winterthur, für „Zeugnis Geben“ (Beggingen (CH)
Architekturbüro Scheder, Stelzenberg, für „Rank und Schlank“ (Kaiserslautern-Hohenecken)
Innauer Matt Architekten, Bezau (A) für „Feinheiten“ (Egg A)
Savioz Fabrizzi Architectes, Sion (CH), für „Fest Ummauert“ (Conthey CH)

Diese sieben Arbeiten werden im DAM Frankfurt vom 9. bis 8. November präsentiert

Weitere Infos gibt es hier

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