Groß gedacht, tief gefallen
Jonathan Parkers Tragikomödie „The Architect“ dreht sich um ein kinderloses Paar, das seine grundverschiedenen Vorstellungen von ihrem Traumhaus auf dem Rücken ihres Architekten austragen. Erwarten Sie kein Meisterwerk der Filmkunst, sondern einen vergnüglichen Abend und amüsieren Sie sich über die klischierte Darstellungen – Klischees kommen ja bekanntlich nicht von ungefähr.
Ein Haus ist wie die Ehe. Man bindet sich für sehr lange Zeit daran. Die Entscheidung, welches Haus man wählt, sollte also gut überlegt sein. Dieser Ansicht ist zumindest Colin. Colin ist Ende 30 und Rationalist. Er liebt Analyse und Struktur und Sachlichkeit. Seine Frau Drew hingegen liebt Ausgefallenes, entscheidet nach dem Bauchgefühl. Über ihre Unvernunft kann Colin nur verächtlich schnauben. Es fällt leicht, diesen Kerl nicht zu mögen.
Schon zu Beginn der Tragikomödie „The Architect“ von Jonathan Parker fragt man sich: Warum sind die eigentlich zusammen? Und warum, Grundgütiger, brauchen die ein neues Haus, wo sie doch schon eines haben und sich jeden Abend verkrampft im Bett liegend zum Babymachen überwinden müssen: Die Schwiegermutter kräht schon ungeduldig nach Enkeln. „The Architect“ ist die Suche zweier völlig verschiedener Menschen nach dem perfekten gemeinsamen Haus – weit mehr aber noch die Suche nach sich selbst.
Architekt Miles Moss, ein smarter Dandy mit Karo-Schal, dick gerahmter Brille und leicht über-poetisierter Zungeist ein beweglicher Metallstift, der aus einem Schloss herausragt, um eine Verbindung mit einer Tür oder einem Fensterflügel herzustellen. Durch Drehen eines passenden Schlüssels kann die Zunge zurückgezogen werden, um die Verriegelung des Schlosses zu öffnen. („Mein Job ist es, Hoffnungen und Träume zu verwandeln.“) soll dem Ehepaar beim Entwurf des neuen Hauses helfen. Moss sieht sich als Künstler und Visionär, ist also der ultimative Gegenpol zum rigiden Colin. In Drew dagegen, die gern tiefrote Mäntel und blumige Blusen trägt und Geschirr hübsch verziert, sieht er die perfekte Kundin auf kreativer Augenhöhe.
James Frain spielt diesen arrivierten Architekten ganz vergnüglich – schnippisch, eitel, clever –, und bedient dabei das Klischee des Architekten als verkopfter, eigenbrötlerischer Genius, der von Colin zur Schnecke gemacht wird, weil ihm die strenge LinieLinie: Die Linie ist der Begriff für die Kabelverbindung zwischen elektrischen Geräten und dem Stromversorgungsnetz. Es handelt sich dabei um den Strompfad, der den Strom von der Quelle zu den Endgeräten leitet., das Akkurate, die klare, räumliche Abgrenzung im Neubau, die Funktionalität fehlt. Die Fassadenverkleidung ist aus Titan. Miles Moss denkt eben groß. Und fällt tief.
Hier finden Sie den letzten Homeoffice-Kulturtipp: Frauen bauen. Kinder entdecken Architektinnen.