25.11.2015

Portrait

Arnold / Werner

Eine Wunschvorstellung vieler Architekten ist es, Menschen bei vielen unterschiedlichen Stationen eines Tages zu begleiten. Die alten Großstrukturen hatten so etwas zum Ziel. Sascha Arnold und Steffen Werner ist dies gelungen – ohne Großstruktur. Man kann mit den beiden morgens frühstücken gehen, dann einen Smoothie trinken. Nach einem guten Dinner laden sie zum Drink ein, anschließend zum Feiern in einem angesagten Club – und schließlich zur Bettruhe ins eigene Hotel.

Arnold und Werner sind Architekten. Und sie sind Unternehmer – Gastro-Unternehmer genauer gesagt. Sie betreiben in München die Bar „James T. Hunt“, das „Stereo Café“ und das Hotel „Flushing Meadows“. Alles selbst entworfen und designt. Ihr Architekturbüro Arnold/Werner läuft daneben auch noch, ebenso das Designunternehmen Fantomas, jeweils mit gut einem Dutzend Mitarbeitern, ebenfalls in München. „Man kann sagen, wir sind gut beschäftigt“, berichtet Sascha Arnold, nonchalant lächelnd auf der Dachterrasse des Flushing Meadows, während eine Angestellte einen (hervorragenden) Cappuccino serviert.

Es ist ein lauer Herbstnachmittag, die Rooftop-Bar recht leer. Noch. Doch es wird auch an diesem Abend wieder voll werden. Die Flushing-Meadows-Bar ist angesagt momentan. Das Hotel auch. „Wir haben 85 bis 90 Prozent Auslastung“, erklärt Steffen Werner. Das ist viel im Hotelgewerbe.

Läuft also alles? Ganz so einfach ist das nicht. Ein Hotel zu betreiben ist anspruchsvoll, die Königsdisziplin im Hospitality-Gewerbe. „Wir mussten definitiv Lehrgeld zahlen“, so Werner.

Nicht zuletzt wegen der Dachterrasse. Die war schnell populär in München. Und dementsprechend leider auch schnell überfüllt. Denn viel Platz ist nicht im vierten Stock des schmalen Hotels, einem umgebauten Serverzentrum der Telekom im trendigen Gärtnerplatzviertel. Also musste ein Türsteher her. „Das kam erst mal nicht gut an“, so Arnold, ein bärtiger Bär von einem Mann, der in lässiger Kurzhose zum Interview ins Hotel geradelt kam.

Arnold und Werner pflegen eine betont entspannte Aura. „Cool“ würde man sie nennen, wäre der Begriff nicht schon so abgegriffen. Sie kommen eher wie Werbe-Unternehmer daher als wie klassische Architekten. Doch die beiden verstehen sich als Architekten. Nicht nur wegen des Abschlusses. Bei der Planung ihrer Unternehmungen nützt die architektonische Vorbildung. „Wir haben sicher ein gutes Gespür dafür, wie Räume funktionieren – und wie man sie besonders macht“, so Arnold.

Mehrere Bars, ein Hotel

Das James T. Hunt, im Jahr 2013 eröffnet, bietet Barflyern in der Maxvorstadt eine Kombination aus unaufgeregter Coolness und bewussten Akzenten. Die schwarz gehaltene Deckenmalerei hat ein Freund Werners von der Münchner Akademie der Bildenden Künste gestaltet. Den Zinntresen haben sie in Frankreich machen lassen. „Das Material ist weich, da zeichnet sich jede Nacht neu ab“, formuliert Arnold die Idee.

Als Architekten haben die beiden ein Gefühl für Räume – und auch für räumliche Inszenierungen. Dem Flushing Meadows merkt man das an. Die Bar beispielsweise kombiniert warme Farben mit einem Verzicht auf alles schmückende Beiwerk.

Gemütlich ist das Hotel gerade nicht, aber es gibt dort viel zu entdecken: Die elf Zimmer im dritten Geschoss haben befreundete Kreative entworfen. Die Wiener Schauspielerin Birgit Minichmayr etwa, der Künstler Albert Oehlen oder Münchens Bar-Legende Charles Schumann. „Das war nicht einfach zu handeln, aber schafft natürlich ein Stück Einzigartigkeit“, so Werner.

Mit ihrem kleinen Boutique-Hotel –16 Zimmer insgesamt – liegen die beiden sicher im Trend. Dennoch tendiert die Hotelwelt ebenso wie die Gastro-Szene insgesamt momentan zur Bildung von Ketten. Arnold und Werner haben das auch erkannt. Ihr Smoothie-Laden mit jenem Namen, den jeder Kunde schon mal selber in den Mund nahm („Superdanke“), hat mittlerweile in München einen und in Innsbruck zwei weitere Ableger erhalten. „Eigentlich müsste man viel mehr in Franchises denken“, so Werner. Ja, eigentlich. Wenn man da nicht auch viel architektonische Gestaltungsfreiheit aufgeben müsste.

Mehr dazu finden Sie im Baumeister 12/2015

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