29.01.2018

Portrait

Case Design

 

Eine Niederländerin und ein Amerikaner haben in Mumbai das Büro Case Design gegründet. Anne Geenen und Samuel Barclay fanden in Indien das ideale Umfeld für eine Architekturpraxis, die auf Handwerk und der direkten Zusammenarbeit mit den örtlichen Fachleuten basiert. Wir sprachen mit Anne Geenen über die Arbeits­weise des Büros.

© Ariel Huber
© Paul Michelon
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Baumeister: Anne, seit wann gibt es „Case Design“?

Anne Geenen: Mein Partner Samuel Barclay hat das Büro vor ungefähr vier Jahren hier in Mumbai gegründet. Samuel wurde damals mit der Ausführung eines großen Campus, der Avasara-Akademie in Pune, beauftragt, und so fing er an, mit einem anderen Architekten daran zu arbeiten. Ich habe mich ein paar Monate später angeschlossen. Da das Akademie-Projekt ziemlich umfangreich war, hat das Büro die ersten Jahre die meiste Zeit damit verbracht. Wir erhielten dann im Laufe der Zeit auch weitere kleine Projekte. Heute beschäftigt Case Design um die 14 Architekten und Designer und bietet alle Architekturleistungen an: vom Hochbau über Landschaftsgestaltung bis zur Innenarchitektur und zum Möbeldesign

B: Ihr habt beide für „Studio Mumbai“ gearbeitet. Ist Case Design aus dieser beruflichen Erfahrung entstanden?

AG: Eigentlich habe ich nur ein paar Monate für Studio Mumbai gearbeitet. Dann erfuhr ich vom Projekt Avasara-Akademie und fand die Idee dahinter so spannend, dass ich mitmachen wollte. Die Zusammenarbeit hat sich gut entwickelt, und so haben wir uns mit Samuel entschieden, ein richtiges Architekturbüro zu gründen. Case Design hat also mit Studio Mumbai wenig zu tun; man muss allerdings zugeben, dass es einige Ähnlichkeiten zwischen unserer Arbeitsweise und der von Studio Mumbai gibt.

B: Welche?

AG: Wie im Studio Mumbai spielt die direkte Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Fachleuten in der Entwicklung unserer Projekte eine zentrale Rolle. Handwerker, Schreiner, Zimmerleute, Steinmetze und Bauherren nehmen am Entwurfsprozess aktiv teil: Sie sind von Anfang an beteiligt. Aus der direkten Beziehung zu den Leuten, die das Gebäude tatsächlich bauen werden, entsteht unserer Meinung nach hochqualitative Architektur. Denn diese Fachleute wissen, welches Material für die jeweilige Leistung am besten passt, was effizienter ist, wie man Details am besten löst – vor allem hier in Indien, wo die Rahmenbedingungen ganz anders als bei uns „im Westen“ sind.

© Ariel Huber
© Paul Michelon
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B: Wie ist es eigentlich, nach einem Studium „im Westen“ ein Architekturbüro in Indien zu führen?

AG: Die Architekturpraxis ist natürlich ganz anders. In Europa oder in den USA muss man sehr viele Zeichnungen und Details anfertigen, bevor es auf der Baustelle losgeht. Auf unseren Baustellen wird das Meiste vor Ort in Absprache mit den Handwerkern gezeichnet. Zwar arbeiten nicht alle Architekturbüros in Indien so, aber wir haben – weil es die Bedingungen des Landes ermöglichen – von dieser Arbeitsweise profitiert und glauben, es hat das Wesen unseres Büros geprägt. Auf der Baustelle verbringen wir nämlich viel mehr Zeit als in Europa oder in den USA. Bei jedem Projekt arbeitet ein festangestellter Architekt Vollzeit dort.

Ich muss aber sagen, dass sowohl Samuel als auch ich schon in unseren Heimatländern gewohnt waren, praktisch an die Probleme heranzugehen. Ich habe an der TU Delft studiert, deswegen habe ich eine eher technische, praxisorientierte Ausbildung. Samuel hat seinen Master am Southern California Institute of Architecture und seine ersten beruflichen Erfahrungen in Los Angeles gemacht. Wir waren von Anfang an an der praktischen Seite der Disziplin interessiert und haben in Mumbai das perfekte Umfeld für unsere Arbeitsweise gefunden. Ich glaube, in unserer Arbeit zielen wir darauf ab, unsere Fachkenntnisse mit dem örtlichen Materialwissen zu verbinden. Das ist es, was unsere Arbeit besonders macht.

B: Die Aufmerksamkeit, die Ihr dem Material widmet, spiegelt sich in Euren Projekten wider. Welche Rolle spielt zum Beispiel Holz?

AG: Holz verwenden wir öfter, weil es am besten unseren Vorrausetzungen entspricht und weil es sich in die Umgebung gut einfügt. Hier in Indien ist Holz jedoch ein wertvolles, teures Material. Deshalb haben wir bisher meistens mit recyceltem Holz aus Abbruchbauten gearbeitet: oft Teakholz, aber auch Palisander und weitere Holzsorten. Allgemein wird in Indien – anders als etwa in Europa oder in den USA – fast alles recycelt, auch in der Bauindustrie. Alle Türen und Fenster der Avasara-Akademie stammen zum Beispiel von abgerissenen Gebäuden aus Mumbai.

 

 

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