07.01.2020

Hotel

Unterwegs im Algund: VillaVerde

Außenpool (Foto: Stefano Scatà)

Seit über hundert Jahren schon besteht die Villa Lemberg mit ihren Zinnen und Türmchen in Algund bei Meran. Nun wurde sie von drei Damen zum Apartment-Hotel umgebaut, ergänzt und liebevoll ausgestattet.

Außenansicht (Foto: Stefano Scatà)
Außenpool (Foto: Stefano Scatà)
Wohnbeispiel (Foto: Tiberio Sorvillo)
Wohnbeispiel (Foto: Stefano Scatà)
Bibliothek (Foto: Stefano Scatà)
Innenansicht des Pools (Foto: Tiberio Sorvillo)

Drei Besprechungen pro Woche

Kaufen kann man sie nicht mehr, die schwarzweiße Postkarte mit der Villa Lemberg vor eindrucksvoller Bergkulisse. Doch Vorder- und Rückseite sind ins Google-Gedächtnis eingeschrieben: Kompakt ragt der viergeschossige, von haushohen Türmen flankierte Bau aus dem Jahr 1908 in den Himmel über dem Dorf Algund, das direkt an Meran grenzt. Und auf der Rückseite „erlaubte“ sich am 18. September 1912 die Absenderin, „die herzlichsten Grüße von dem schönen Süden zu schicken“, an einen „wohlgeborenen Advokat in Feldkirch“. Sie ergänzte unter ihrem Namen: „Hier bin ich zu Haus.“

Heute würde die Dame vermutlich per Messenger-Dienst Urlaubsbotschaften verschicken und ihre Bilder auf Instagram posten. Die Villa hat sich seither verändert; in den 1960er-Jahren entstand daneben ein Hotel, das von der Eigentümerfamilie zunächst verpachtet wurde. Nun betreibt sie es selbst, hat umgebaut, saniert und erweitert. So sind in einem der Türme Aufzug und Technik untergebracht, erdgeschossig liegen die gemeinschaftlich genutzten Räume wie Frühstücksraum, Bibliothek mit Kamin, Bar, Rezeption und Veranda samt Klavier.

In den oberen Geschossen befinden sich zwei Apartments. Die Neubauten sind um den großen Garten mit Schwimmteich und Außenpool organisiert und beherbergen 35 Wohnungen mit je einer komfortablen Küchenzeile, Wohnraum sowie ein bis zwei Schlafzimmern mit separatem Bad für zwei bis vier Personen. Auch ein Spa sowie Seminarräume finden heute auf dem Gelände Platz. Inhaltlich gilt der vor 107 Jahren verfasste Satz jedoch unverändert: Hier bin ich zu Haus. Mehr noch – in der „VillaVerde“, wie sich die Villa Lemberg samt Ergänzung seit Frühjahr 2019 nennt, fühlt man sich nicht nur zu Hause – man möchte, dass das eigene Zuhause so aussieht wie das VillaVerde.

Ob die wohnliche und dabei architektonisch anspruchsvoll und gekonnt gestaltete Atmosphäre des neuen Apartment-Hotels etwas damit zu tun hat, dass es unter weiblicher Obhut steht? Es wird geführt von Heidi Oberhofer und ihren Töchtern Judith und Paula Kiniger. Für den Um- und Neubau wählten sie das Meraner Büro Biquadra der Architektin und Innenarchitektin Christina Biasi-von Berg. Die 27 Jahre junge Mit-Eigentümerin und Mit-Geschäftsführerin Judith allerdings lächelt bei dieser These. Sie hat Tourismusmanagement studiert, ihre zwei Jahre jüngere Schwester besuchte die Hotelfachschule. 

Neben dem Mut und der Leidenschaft für die neue Aufgabe, das Hotel selber zu führen, sieht sie den Faktor Zeit ursächlich für die Qualität: Als keines der fünf Südtiroler Architekturbüros beim Wettbewerb einen passenden Entwurf präsentierte, wurde so lange weitergesucht, bis Biquadra den flachen, langgestreckten und großzügig aufgeglasten hölzernen Baukörpern zu ihrer gleichermaßen streng strukturierten wie einladenden Gestalt verhalf. Dreimal traf sich Christina Biasi-von Berg mit den Bauherrinnen. Pro Woche. Und sie begleitete Heidi, Judith und Paula auf diverse Antiquitätenmessen, bis für jedes Apartment und jeden Gemeinschaftsraum das richtige Mobiliar gefunden war – von alten Kaffeehausstühlen über Mid-Century-Fundstücke bis zu eigens entworfenen Tapeten. 

Ein paar Einrichtungsgegenstände sind übrigens an der Rezeption käuflich zu erwerben, ebenso wie regionale Lebensmittel. Schließlich, so Judith, gäbe es bei ihnen so viel Großartiges zu unternehmen und kulinarisch zu entdecken, dass ein Abendessen im Hotel der Vielfalt der Umgebung und der individuellen Freiheit im Urlaub nicht gerecht werden kann. Zum VillaVerde machen die mitgebrachten Souvenirs die eigene Wohnstätte zwar nicht. Doch sie erinnern an ein großartiges Feriendomizil. 

Dieser Artikel erschien im B1/2020 zum Thema Umnutzung als Gewinn.

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