13.02.2020

Hotel

Unterwegs in der Monte-Rosa-Hütte bei Zermatt

Übernachten auf 2.883 Metern. Matterhorn und Monte-Rosa-Hütte im frühen Morgenlicht. Foto: Iain Aitchison

Für architekturbegeisterte Bergfreunde steht ein Besuch der Monte-Rosa-Hütte bei Zermatt ganz oben
auf der Liste. Inzwischen wurde auch ein neuer Zustieg über den Gletscher angelegt.

Übernachten auf 2.883 Metern. Matterhorn und Monte-Rosa-Hütte im frühen Morgenlicht. Foto: Iain Aitchison
In der guten Stube bleibt die kräftige Holzkonstruktion sichtbar. Foto: ETH Studio Monte Rosa/Tonatiuh Ambrosetti, 2009
Alle Einbauten sind ebenso wie sämtliche Stockbetten und Ablagen unterm Dach passgenau geplant und in einem engen Zeitfenster eingebaut worden. Foto: ETH Studio Monte Rosa/Tonatiuh Ambrosetti, 2009

Um es gleich vorweg zu sagen: Noch immer ist es wegen der längeren Gletscherpassage ratsam, Steigeisen und Seil, am allerbesten auch einen Bergführer mitzunehmen. Doch kein Vergleich zum alten Hüttenweg, der trotz Leitern und Ketten wegen des abschmelzenden Gornergletschers immer schwieriger wurde und zudem ständig repariert werden musste. Dagegen führt der neue „Panoramaweg“ heute mit herrlichem Ausblick viel weiter oben über die Bergflanken. Er ist gut markiert und da gesichert, wo’s brenzlig wird.

Wie viele Bergunterkünfte hat auch die Monte-Rosa-Hütte eine über hundertjährige Geschichte. Früher unter dem Namen Bétemps-Hütte bekannt und an tieferer Stelle gelegen, war das alte Steinhaus von 1895 mehrfach umgebaut worden. Anlass für einen Neubau gab unter anderem die 150-Jahr-Feier der ETH Zürich, die dieses Vorhaben als eines von 50 Jubiläumsprojekten auswählte. So ist die neue Hütte heute ein Werk des 21. Jahrhunderts: fünfgeschossig, auf unregelmäßig achteckigem Sockel errichtet, wurde sie vom ETH-Studio Monte Rosa und Bearth & Deplazes Architekten 2009 fertiggestellt. Innerhalb von sechs Jahren haben die Leute von ETH und dem Schweizer Alpen-Club gemeinsam das Konzept aufgestellt. Ziel war es, neue Technologien in Entwurf, Berechnung und Fertigung im Hochgebirge zu testen. Etwa die Energie- und Gebäudetechnik ist darauf ausgelegt, möglichst autark zu funktionieren: mit Belüftungsanlage und Wärmerückgewinnung, Wassertank und Minikläranlage zur Reinigung der Abwässer sowie Photovoltaik für den Strom; Wärme liefern Solarkollektoren, dazu gibt es ein mit Rapsöl betriebenes Miniblockheizkraftwerk für schlechtes Wetter.

Jedoch vor allem wegen des architektonischen Entwurfs in Form eines Bergkristalls ist das Gebäude sehenswert. Um die CO2-Bilanz beim Bauen in Grenzen zu halten, entschied man sich hauptsächlich für die leichteren Baumaterialien Holz und Aluminium, da alles mit dem Hubschrauber angeliefert werden musste. Die Primärkonstruktion besteht aus vorgefertigten, raumseitig offenen Rahmenbauelementen, während die Hülle mit 35 Zentimetern Mineralfaser gedämmt und mit einer hinterlüfteten Aluminiumstehfalzdeckung versehen wurde.
Die Übernachtung ist trotz Stockbetten im Vergleich zu manch anderer Hütte komfortabel: Es gibt neue, weiche Matratzen, Warmduschen mit Münzbetrieb und Toiletten innerhalb des Hauses sowie eine Dreifachverglasung, so dass man dicht mit der Nase an der Scheibe den Blick auf Gornergletscher und Matterhorn in der Ferne genießen kann, ohne zu frieren. Das markante Fensterband, das sich um die Fassade wickelt, belichtet die vieleckige Stube und den Treppenaufgang zu den Schlafplätzen. Gut sichtbar bleibt die Konstruktion vor allem in der Stube: Hier beruhigen die dicken Holzfachwerkträger die Gäste doch sehr, wenn draußen ein Unwetter aufzieht und der Wind gehörig um die Ecken pfeift. Nicht nur die Konstruktionsteile, auch die hölzernen Tische und Bänke sind genau mit CNC-gefertigten Bauteilen eingepasst worden, ebenso wie die Stockbetten und Ablagen in den Schlafräumen. Das sparte Geld, denn die Zeitfenster für gutes Wetter zwischen Mai und September 2009 mussten optimal ausgenutzt werden.
Die Planung der Hütte auf 2.883 Metern haben 33 Studenten mehrerer Semester des Departements Architektur an der ETH Zürich über sechs Jahre begleitet – und sicherlich eine Menge über Konstruktion, Hülle und Versorgung im Extremfall gelernt.

Den Artikel über die Monte-Rosa-Hütte bei Zermatt finden Sie in unserer aktuellen Baumeister-Ausgabe 02/2019.

Vorheriger Artikel

Nächster Artikel

das könnte Ihnen auch gefallen

Scroll to Top